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Nikolaus Harnoncourt glänzte in Salzburg.

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Salzburg - Die Mozartwoche zeigt es: Unsinnig der Streit um die "historische" Aufführungspraxis! Nikolaus Harnoncourt, samt Concentus Musicus und Arnold Schoenberg Chor, eröffnete im Haus für Mozart mit der "Vesperae solennes de Confessore" (KV 339) und mit der "Recycling-Fassung" der c-Moll-Messe, der Kantate "Davide penitente" (KV 469). Und: Brillanter, samtiger im Klang und eleganter in der Phrasierung - also "hochglanztauglicher" - hätten auch Karajan-Aufnahme nicht ausfallen können. Nur legt eben ein Harnoncourt unter dem Glanz die Tiefenschichten frei.

Orchester-Abgründe in den Psalmen, die selbst einen Franziskaner-Missionar im Mittelalter das Fürchten gelehrt hätten, tun sich auf: "Juravit Dominus" - "der Herr hat geschworen" - heißt es im ersten Psalm "Dixit Dominus": Was passiert, wenn der Herr einmal nicht länger geruht, den Schwur zu halten, seinen Getreuen zur Seite zu stehen - das hat Harnoncourt ausgemalt zum gottgefälligen Haare-Sträuben des Publikums. Ob dagegen die Geister, die er im "Et Spiritui Sancto" des vierten Psalms "Laudate pueri" über den Wassern schwebend ertappt, so ganz katholisch sind, müsste erst diskutiert werden. Unerhörte und ungehörte Klangfarben jedenfalls. Dann die Wiener Philharmoniker unter Seiji Ozawa im Großen Festspielhaus: So beredt wie Originalklang-Veteranen in einer Sternstunde ließen die Wiener die Themen und Motive über die Bühne huschen, wie die trunkenen Verschwörer in einer Liebesintrige. Schon Haydns "Sinfonia Concertante" B-Dur für Violine Violoncello, Oboe, Fagott und Orchester Hob. I:105, angeführt von Albena Danailova, der Konzertmeisterin der Wiener Staatsoper, hatte diesen dramatisch-opernhaften Zug.

Vielmehr dann noch die "Prager" Symphonie D-Dur, KV 504, in der man ohnehin ständig glaubt, den Figaro pfeifen zu hören. Die strahlende Heiterkeit, die mitreißende Dynamik basierten freilich auf jenem dunklen Fundament, das Ozawa mit ebenso feinem Archäologen-Pinsel freizulegen wusste, wie Tags zuvor Harnoncourt das Grollen des Herrn.

Höhepunkt des ersten Wiener Philharmonikerkonzerts war aber dennoch das Klavierkonzert C-Dur KV 467 mit Mitsuko Uchida. Ihr strahlender, technisch perfekter Ton, ihr kobold- und zugleich engelhaftes musikalisches Gestalten und ihr beredter mitreißender Gedankenaustausch mit Orchester und Dirigent, all dies konnte nur ein beglücktes Publikum zurücklassen. (Heidemarie Klabacher, DER STANDARD/Printausgabe, 26.01.2009)