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Moderne Gebäude lassen sich auch aus Stroh oder Lehm bauen.

Foto: AP/Probst

Gas- und Ölkrisen beschäftigen uns seit Jahrzehnten, stets ist von den endlichen Vorkommen die Rede, von denen niemand ganz genau weiß, wie lange sie noch bestehen werden. Nachwachsende Rohstoffe, oft auch als "biogene Rohstoffe" oder einfach als "erneuerbare Ressourcen" bezeichnet, haben demgegenüber einen entscheidenden Vorteil - kommt ihr Name doch nicht von ungefähr.

Kreisläufe

Pflanzlicher oder tierischer Herkunft, sind diese Rohstoffe ein Produkt der biologischen Kreisläufe. Die Natur produziert diese Rohstoffe effizient und - naturgemäß - biologisch unbedenklich.

Im Baubereich gibt es bereits für beinahe alle Anwendungsbereiche Lösungen auf Basis nachwachsender Rohstoffe. Einerseits sind dies traditionelle Verfahren, andererseits gibt es zahlreiche Neuentwicklungen. Der wichtigste pflanzliche Rohstoff in diesem Bereich ist Holz, gefolgt von Schafwolle, die sich hervorragend für Dämmprodukte eignet. Wärme- und Schalldämmung ist demzufolge auch das häufigste Einsatzgebiet für nachwachsende Rohstoffe im Bauwesen. Zu den wichtigsten tierischen Rohstoffen zählen Wolle, Leder und Horn.

Die Gründe, warum nachwachsende Rohstoffe zunehmend im Hausbau verwendet werden, sind mancherlei: Zum einen sorgen sie für ein gesundes Raumklima. Weder beim Einbau noch während der Nutzungsphase besteht die Gefahr des Austretens toxischer Stoffe, ja mehr noch, Schafwolle besitzt sogar Untersuchungen zufolge luftreinigende Eigenschaften und verbessert also das Raumklima.

Weiters können durch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe Umwelt- und Entsorgungsprobleme beim Hausbau oder auch im Falle eines nötigen Abrisses größtenteils vermieden werden. Manche Schätzungen gehen davon aus, dass in naher Zukunft der Abriss eines herkömmlich gebauten Hauses teurer als seine Errichtung kommen wird.

Hervorragende Werte

Darüber hinaus spricht ihre hohe Funktionalität für nachwachsende Rohstoffe: Ziegel aus Lehm und Hanffasern weisen etwa hervorragende Schalldämmwerte auf und sind von der Wärmespeicherkapazität her beinahe unübertroffen. Kleber, Lacke oder Lasuren auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen enthalten keine gesundheitsschädlichen Lösungsmittel und sind biologisch unbedenklich zu entsorgen.

Genau dieser "Kreislaufgedanke" ist es, dem sich nachhaltige Baukonzepte verschrieben haben. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus aller eingesetzten Materialien und Konstruktionen bei der Planung und der Umsetzung eines Bauvorhabens berücksichtigt. Weil dazu auch der Energieverbrauch bei der Herstellung eines Baustoffs gehört, sind auf diese Weise enorme Einsparungen möglich: Durch Nutzung der vor Ort bzw. in der jeweiligen Region verfügbaren Rohstoffe wie Lehm oder Stroh werden Umweltbelastungen, die durch Herstellung und Transport von Baustoffen entstehen, minimiert.

Umgesetzt wurde dieser Gedanke in Österreich etwa beim Bau des so genannten "S-House" im niederösterreichischen Böheimkirchen, geplant von der "Gruppe Angepasste Technologie" (GrAT) an der TU Wien. Das im Rahmen der Programmlinie "Haus der Zukunft" des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie umgesetzte Gebäude wurde zur Gänze aus Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen errichtet und erfüllt außerdem den Passivhaus-Standard. Gleichzeitig wurden neue, konsequente Lösungen entwickelt, die die problemlose Recyclierbarkeit aller eingesetzten Bauteile nach Ablauf der Lebensdauer ermöglichen. Bei der Errichtung des Hauses, das heute auch als Demonstrationsobjekt dient, wurde neben Holz vor allem der Baustoff Stroh eingesetzt, dessen bauphysikalische Eigenschaften, hohe Wärmedämmwirkung und Brandverhalten in umfangreichen Vorstudien geprüft wurden. "Für die gesamte Entwicklung des Projekts war die enge Zusammenarbeit von Forschung und Praxis von zentraler Bedeutung, neue technische Lösungen wurden entwickelt. Ziel war auch, diese Konstruktionen in der Folge weiter zur Serienreife zu entwickeln", bemerken dazu die Projekt-Initiatoren von der "Gruppe Angepasste Technologie".

Biopolymere im Fokus

Um ihre Arbeit und ihre Leitgedanken weiterzutragen, betreibt die "GrAT" etwa in Zusammenarbeit mit dem bmvit und dessen Programm "Fabrik der Zukunft" auch die Website www.nawaro.com, auf der sich Informationen zu den verschiedensten Werkstoffen finden. Unter dem Stichwort "Hanf" erfährt man dort etwa, dass dieser Rohstoff - er wird u.a. für Bau- und Dämmzwecke, in der Automobilindustrie und in der Pharmabranche verwendet - durch eine problemlose Zucht und vollständige Nutzbarkeit, außerdem durch hohe Haltbarkeit und eine niedrige Energiebilanz bei der Herstellung auszeichnet: Keinerlei Herbizide werden bei der Zucht benötigt, weil die Pflanze bereits nach wenigen Tagen den Boden vollständig beschattet, womit kein Unkraut mehr Licht findet.

Zunehmend in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses rückten in den letzten Jahren außerdem die so genannten "Biopolymere", also sozusagen "natürliche", biologisch abbaubare "Kunststoffe", durch deren Einsatz problematische synthetische Stoffe ersetzt werden könnten. Diese seien allerdings nach wie vor hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften sowie ihres Preises den herkömmlichen Kunststoffen unterlegen, und es bestünde auch noch eine große Skepsis, was ihre Wirtschaftlichkeit betrifft. Es gelte deshalb, Nischenanwendungen zu finden, "in denen durch den Mehrwert der biologischen Abbaubarkeit der Preisnachteil egalisiert werden kann", heißt es in einer diesbezüglichen Studie. (red)