Die wesentlichen Konturen der Neumatura dürften ja mittlerweile hinreichend bekannt sein. Zieht man aber ab, was in den nächsten Verhandlungen mit Lehrervertretern wahrscheinlich noch abgeschwächt wird, fällt die Reform wenig aufregend aus. Eine Revolution jedenfalls findet nicht statt.

Dennoch rumort es unter den AHS-Lehrern, die im Moment noch allein betroffen sind. Es mutet schon seltsam an, mit welcher Hitze man sich da in AHS-Kreisen teilweise ins Zeug legt. Dabei wird von der neuen Matura mehr als die Hälfte der Lehrer, denkt man an den Altersschnitt, kaum oder gar überhaupt nicht mehr betroffen sein! Ein "Angstblüte" -Phänomen? Oder will man Restidealismus beweisen? Kämpft um die "gute alte Matura" , über die man sich freilich ansonsten alljährlich hauptsächlich mit nichts anderem als Missvergnügen und Frust äußert. Bei einer Umfrageaktion letzten Herbst, kam heraus, dass am besten alles beim Alten bliebe. Die Erhebung unter der AHS-Lehrerschaft erbrachte, was sich vor allem die schwarzen Lehrervertreter davon erhofften und was sie zur Munitionisierung bei den Verhandlungen mit dem Bildungsministerium glauben zu benötigen. Zudem dient ihnen der in mancher Hinsicht gewiss noch unausgereifte Reformentwurf im Grunde bloß als probate Legitimation für ihre Justamentopposition gegen die rote Ministerin. - Mit Sicherheit gibt es im Bildungsbereich genügend andere, essenziellere Probleme als eine Maturareform. Die Matura ist bloß solange ein Problem, solange es sie gibt! Von der Praxis her betrachtet, halte ich sie mittlerweile ohnehin für unreformierbar! Und mein Lehrerherz hängt auch nicht daran. Dass wir Lehrer, wie mancherseits eingewendet, mit dem Verlust der Gutachterfunktion unser Renommee einbüßen, glaube ich nicht - ich würde auf eine derartige dubiose Restautorität auch pfeifen.

Bleibt die Frage, wozu die Matura eigentlich noch gut sein soll? Die Universitäten brauchen schon jetzt den Maturanachweis höchstens formell, die Studiertauglichkeit der Neulinge stellen sie durchaus selber fest - künftighin etwa verstärkt durch die geplante Studieneingangsphase. Auch das Bachelorstudium ist wohl wenig mehr als eine Nachjustierung der gymnasialen Oberstufe mit ein wenig beruflicher Fachspezialisierung.

Gewiss verfügt die Matura über einen gehörigen, nicht zu unterschätzenden Traditionsbonus. Aber sonst? Selbst die Omas und Opas, die sich bisher darüber freuten, werden immer weniger. Harald Miesbacher, DER STANDARD, Printausgabe, 27.1.2009)