Der 27. Jänner ist der 64. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Seit 2005 wird dieses Datum international als Holocaust-Gedenktag begangen. Deutsche und österreichische Wirtschaftsvertreter werden diesen Tag auf eigentümliche Weise feiern - mit der Anbahnung neuer Geschäfte mit dem Regime in Teheran, das Konferenzen zur Leugnung des Holocaust organisiert, regelmäßig für die Neuauflage der antisemitischen Hetzschrift "Die Protokolle der Weisen von Zion" sorgt und Israel vernichten will:

Die OMV veranstaltet vom 27. bis 29. Jänner in Wien die "European Gas Conference", bei der es maßgeblich um "Möglichkeiten der Kooperation mit dem Iran" gehen wird. Fast zeitgleich beraten deutsche und österreichische Konzerne in Budapest mit ihren europäischen Partnern über die Zukunft von Nabucco, einem Pipeline-Projekt, das nach den bisherigen Planungen nur Sinn ergibt, wenn es mit Erdgas aus dem Iran gespeist wird (vgl. nebenstehenden Kommentar). Siemens, in der Zeit des Nationalsozialismus einer der Hauptprofiteure der Ausbeutung von Zwangsarbeitern und in den letzten Jahren einer der wichtigsten Handelspartner des Mullah-Regimes, hält am 27. Jänner in München seine Jahreshauptversammlung ab und zählt zu den Sponsoren der Wiener Gas-Konferenz.

Erst Moskau, jetzt Teheran?

Die OMV hat bekanntlich 2007 mit dem Iran einen Vorvertrag für ein Gasprojekt unterzeichnet, dessen Gesamtvolumen sich im zweistelligen Milliardenbereich bewegt. Für dieses Geschäft hatte der Konzern bis vor kurzem die Unterstützung der Bundesregierung. Vor zwei Wochen verkündete Außenminister Spindelegger in der ORF-"Pressestunde" allerdings, dass er einem Vertragsabschluss in der jetzigen Situation mit großer Skepsis begegne.

Es fragt sich aber, warum er gleichzeitig an seiner Unterstützung für Nabucco festhält, dem mittlerweile zumindest die Grünen erfreulicherweise eine klare Absage erteilt haben. Anstatt konsequent auf erneuerbare Energie zu setzen, will sich die Bundesregierung offenbar völlig in die Abhängigkeit von einem Regime wie dem iranischen begeben, das Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft für seinen Kampf gegen den Westen und gegen seine eigene Bevölkerung verwendet und politisch noch viel unzuverlässiger ist als Russland.

Worte und Taten

Zum Judenmord der Vergangenheit finden deutsche und österreichische Politiker heute im Vergleich zu früher klare Worte.

Das wird an diesem 27. Jänner wohl nicht anders sein. Gleichzeitig sorgen aber jene, die nichts gegen den Handel mit dem iranischen Regime unternehmen, für die Unterstützung von Kräften, die den Judenmord der Zukunft planen. Ali Khamenei, als Nachfolger Khomeinis der starke Mann im heutigen Iran, hat erklärt, es gäbe nur "eine Lösung für das Nahostproblem: die Vernichtung und Zerstörung des jüdischen Staates".

Bei den vermeintlich moderaten Kräften klingt das nicht viel anders. Ex-Präsident Mohammed Khatami, der noch vor kurzem an der Universität Wien auftreten durfte und vom Bundespräsidenten empfangen wurde, hat den französischen Holocaust-Leugner Roger Garaudy verteidigt und bezeichnet Israel als "alte, nicht heilbare Wunde, die dämonisches, stinkendes und ansteckendes Blut besitzt". Während seiner Präsidentschaft lief das geheime Atomprogramm des Regimes weiter, und die Unterstützung der Hisbollah, die die Vernichtung Israels zur Vorbedingung für "Frieden" im Nahen Osten erklärt hat, wurde fortgesetzt.

Die Zeiten, da Politik und Wirtschaft davon ausgehen konnten, dass das Anbahnen neuer Geschäftsabschlüsse mit einem antisemitischen Regime am Jahrestag der Befreiung von Auschwitz unwidersprochen über die Bühne gehen wird, sind allerdings vorbei. Kritiker des iranischen Regimes haben bei den geplanten Events in Wien und München ihren Protest angekündigt. (Stephan Grigat, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.1.1.2009)