Standard: Warum will man eigentlich ÖFB-Präsident werden?

Kaltenbrunner: Nachdem ich mehrmals angesprochen wurde, habe ich darüber nachgedacht. So ganz fremd ist mir das nicht. Ich war schon bei Rapid Präsident. Weshalb sollte ich mich davor drücken, etwas Positives für den österreichischen Fußball zu leisten?

Standard: Wer hat Sie denn angesprochen?

Kaltenbrunner: Der Wiener Fußballverband und der Vorsitzende des Wahlausschusses, Herbert Hübel.

Standard: Haben Sie ein Wahlprogramm?

Kaltenbrunner: Was stellen Sie sich vor? Ich habe eine Vergangenheit, und ich habe natürlich Überlegungen und Ideen für die Zukunft. Aber die werde ich erst kundtun, wenn es so weit ist. Über ungelegte Eier spricht man nicht.

Standard: Aufgrund der Strukturreform ist die Position des Präsidenten geschwächt. Kann er trotzdem Dinge bewegen?

Kaltenbrunner: Die Frage ist berechtigt. Es gibt eine Kompetenzerweiterung für den zukünftigen Generaldirektor. Bei Alfred Ludwig ist das in guten Händen. Die Entscheidungswege werden verkürzt. Soweit ich die Struktur kenne, hat das verkleinerte Präsidium eine Aufsichtsratsfunktion. Es schafft nach wie vor die Rahmenbedingungen, bestellt den Teamchef.

Standard: Die Besetzung scheint ein politisches Spielchen zu sein, Raiffeisen kämpft gegen Raiffeisen. Benötigt man in Österreich ein Netzwerk, um eine Funktion zu erlangen? Hilft zum Beispiel ein Sauschädelessen bei Christian Konrad?

Kaltenbrunner: Das ist auf der ganzen Welt so, ohne Netzwerk geht es nicht. Diese Erfahrung habe ich in jeder Hinsicht gemacht, nicht nur im Fußball. Gegenteiliges zu behaupten, wäre naiv.

Standard: Sollte sich die Politik aber nicht doch ein bisserl zurückhalten? Es geht ja um den Fußball.

Kaltenbrunner: Da man die Politik auch im Fußball braucht, kann man nicht sagen, sie soll sich gefälligst raushalten. Ohne Politik hätte es die EURO nie gegeben. Es geht um das Ausmaß. Brauche ich sie, habe ich sie lieb. Sonst will ich Ruhe. Das funktioniert nicht.

Standard: Leo Windtner, der andere Kandidat, ist oberösterreichischer Verbandspräsident und sitzt im Wahlausschuss. Empfinden Sie einen Wettbewerbsnachteil?

Kaltenbrunner: Möglich. Windtner kennt die Herren, er ist lange dabei und ein bewährter Manager. Den Nachteil wiege ich insofern auf, als ich aus der Praxis komme. Das egalisiert sich vermutlich.

Standard: Wäre ein lachender Dritter denkbar? Gerhard Skoff, der ehemalige Präsident der Bundesliga, soll Chancen haben.

Kaltenbrunner: Alles kann sein.

Standard: Hatten Sie ein Hearing?

Kaltenbrunner: Nein. Bei der Sitzung am 2. Februar soll es sein.

Standard: Waren Sie enttäuscht, dass am 21. Jänner noch keine Entscheidung gefallen ist?

Kaltenbrunner: Es hängt davon ab, mit welchen Erwartungen man in eine Situation geht. Eine Pattstellung ist ein Beweis, dass zwei sehr gute Leute zur Wahl stehen. Das ist nichts Negatives. Gefreut hätte mich eine Entscheidung durchaus.

Standard: Eine Kampfabstimmung am 28. Februar lehnen Sie ab.

Kaltenbrunner: Ja. Es ist sinnlos, eine Position einzunehmen, wenn man 50 Prozent nicht auf seiner Seite hat. Sollte ich es nicht werden, bleibe ich der Kaltenbrunner und falle in keine Depression. (Mit Günter Kaltenbrunner sprach Christian Hackl - DER STANDARD PRINTAUSGABE 28.1. 2009)