Ulrich Berger schreibt auch über Pseudowissenschaften.

Foto: WU Wien

Wissenschaft ist für Ulrich Berger, Mathematiker am Department für Volkswirtschaft der Wirtschafts-Universität Wien, "jedes systematische Vorgehen mit dem Ziel, unter Berücksichtigung des bisher etablierten Wissens Erkenntnis über die Welt zu erlangen". Diese Erklärung führt der Associate Professor gern an, wenn er sich via Medien in Sachen Pseudowissenschaft zu Wort meldet. Letztere benutze die Sprache der Wissenschaft, verfolge aber selbstverständlich ganz andere Ziele - in der Regel sei das "Geld machen".

Der Oberösterreicher wird vom deutschen Handelsblatt als einer der forschungsstärksten österreichischen Ökonomen unter 40 Jahren geführt und zählt zum "Wiener Kreis" der Spieltheorie. Derzeit arbeitet er an zwei "sparsamen" Projekten, für die "PC, Papier, Bleistift und Zeit zum Nachdenken ausreichen", so Berger.

Im ersten geht es um die Evolution von Altruismus durch indirekte Reziprozität, basierend auf Reputation. Auf Deutsch: Hilfeleistung und Kooperation, die durch Ruf und Image begünstigt wird, auch wenn die Teilnehmer noch nicht direkt miteinander zu tun hatten.

Gemeinsam mit zwei Kolleginnen wertet er in einem zweiten Projekt mehrere Online-Experimente zur "Cognitive Hierarchy Theory" aus. Die Ergebnisse sehen vielversprechend aus, sagt Berger, seien aber noch geheim. Die noch sehr junge Theorie geht - vereinfacht gesagt - davon aus, dass jeder Spieler annimmt, seine eigene Strategie sei die gefinkeltste.

Sie versucht Abweichungen von der klassischen Spieltheorie zu erklären, welche wiederum die Spieler im Gleichgewicht sieht, wenn sie sich rational verhalten und die Strategien der anderen korrekt vorhersagen.

Geboren in Steyr, interessierte sich Ulrich Berger bereits in der Volksschule für Mathematik, Physik und Astronomie: "Euklids Beweis, dass es unendlich viele Primzahlen gibt, fesselte mich mit elf", erinnert sich Berger. Der Bestseller "Gödel, Escher, Bach" beeinflusste schließlich erst das Maturathema und ließ ein Mathematikstudium an der Uni Wien folgen. "Im Kern ist die Spieltheorie ein mathematisches Werkzeug", sagt Berger. Wer hier Erfolg haben will, darf also keine Scheu vor Zahlen haben und bringt am besten eine gesunde Portion Neugier mit.

Nach einem Aufenthalt als Young Scientist am International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) in Laxenburg wurde er Assistent an der WU und schrieb seine zweite Dissertation über den Markt für Mobilfunkservices. Dazwischen genoss der 38-Jährige, finanziert durch ein Marie-Curie-Fellowship der EU-Kommission, die "dichte Forschungsatmosphäre" im Bereich Volkswirtschaftslehre der Universität München.

Die Haltung gegenüber Wissenschaft schwanke hierzulande "zwischen Indifferenz und latenter Feindlichkeit. Das hat eine gewisse Leichtgläubigkeit zur Folge, die bis in die höchsten Ebenen reicht", sagt der Ökonom.

Auf Kurse in Astrologie und Uni-Kurse in Feng-Shui macht er aufmerksam, "weil derlei Unsinn sonst munter im Verborgenen gedeiht". Lesen und Bloggen gehören zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Im Sommer liebt er Moorwanderungen mit seiner Frau. (Astrid Kuffner /DER STANDARD, Printausgabe, 28.01.2009)