Wien - Patentlösungen für die Klima- und Energieprobleme des Planeten sind auch nicht im Entferntesten in Sicht. Das bestätigte einmal mehr eine Experten-Diskussion zum Thema "Bio-Energie und Naturschutz: Potenziale und Risiken", veranstaltet von der Universität für Bodenkultur (Boku) am Montagabend in Wien. Boku-Meteorologin Helga Kromp-Kolb dämpfte Hoffnungen, wonach neue Technologien und erneuerbare Quellen alleine den Klimawandel stoppen könnten.

Im Gegensatz zur herrschenden Diskussion über Energie aus nachwachsenden Rohstoffen, möchte Kromp-Kolb das Thema Einsparung beim Ressourcenverbrauch prioritär behandelt sehen. Denn auch die Produktion von Energie aus erneuerbaren Quellen ist für die Expertin nicht per se nachhaltig und mit vielen Problemen behaftet. So fürchten etwa Naturschützer, dass durch die Förderung von Energiepflanzen ehemals kaum oder gar nicht wirtschaftlich genutzte Flächen in die Bearbeitung einbezogen werden. Gerade solche Bereiche wie Mager-Standorte oder Niedermoore gelten als ökologisch wertvoll.

Problematische Auslagerung

Auch eine Auslagerung der Produktion von nachwachsenden Rohstoffen in Entwicklungsländer wird von vielen Experten als problematisch angesehen. Es könnte daraus eine weitere Form der Ausbeutung entstehen, der ohnehin schlechte Zustand vieler Böden in den armen Ländern könnte sich weiter verschärfen. Bereits jetzt hätten viele Länder in den tropischen Monsunzonen Probleme, die wachsenden Städte mit Brennmaterial zum Kochen zu versorgen. "Es sind täglich wahre Karawanen unterwegs, die aus immer entfernteren Gegenden Holz in die Städte transportieren", berichtete Gerhard Glatzel, Waldökologe an der Boku.

Kromp-Kolb möchte daher die Diskussion rund um Energie und Klima viel stärker auf das Thema "Sparen" fokussieren. "Wir müssen den Verbrauch dramatisch senken, die Energie wesentlich effizienter einsetzen", so die Expertin. Bei der Produktion von Energie aus nachwachsenden Quellen setzen die Experten auf eine differenzierte Sicht, je nach örtlichen Gegebenheiten, und warnen vor Verallgemeinerungen.

Kipppunkte ab zwei Grad plus

Derzeit gehen die Wissenschafter von einer bisherigen weltweiten Temperaturerhöhung von 0,7 Grad Celsius in den vergangenen 150 Jahren aus. Ab zwei Grad werden laut Kromp-Kolb entscheidende Kipppunkte erreicht, bei denen sich etwa Meeresströmungen nachhaltig verändern und dadurch unumkehrbare Entwicklungen entstehen. Ein Nachlassen oder gar Stoppen des Golfstromes hätte gerade für Europa dramatische Auswirkungen, so würde es in vielen Gegenden - trotz der globalen Erwärmung - empfindlich kälter. (APA)