Wien - Im Restitutionsstreit um das Leopold Museum wird der Umgangston rauer. In der am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des Magazins "News" wirft Rudolf Leopold der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) und ihrem Präsidenten Ariel Muzicant neuerlich vor, eine Einigung mit den rechtmäßigen Erben von Egon Schieles "Häuser am Meer" zu verhindern. "Die Kultusgemeinde will nur zu viel Geld kommen. Und eine Versteigerung bringt eben mehr." In einem Brief richtet sich Leopold außerdem gegen "Lügen", die die IKG über ihn verbreite.

Erkenntnisse eines Verfassungsrechtlers

In einem Schreiben der IKG vom 12. Dezember hatten sich Präsident Muzicant und Exekutivdirektorin Erika Jakubovits brieflich an eine Vielzahl von Empfängern - darunter auch Rudolf Leopold selbst - unter dem Betreff "Leopold Raubkunst Museum" gewandt. Sie beklagen darin, dass eine gesetzliche Regelung für die Kunstrückgabe aus dem Leopold Museum auch 2008 nicht umgesetzt wurde und bekräftigen, auch weiterhin "auf NS-Raubkunst im Leopold Museum hinweisen" zu wollen. Zusätzlich wiederholt der Brief die Erkenntnisse des Verfassungsrechtlers Walter Berka, der eine Einbeziehung des Leopold Museums in das Restitutionsgesetz in einem Gutachten für unbedenklich erklärt hatte.

An "die Verleumder- und Lügnerclique Muzicant, Jakubovits und Konsorten" richtete Rudolf Leopold laut "News" daraufhin einen Brief, in dem er zu sieben "Lügen" sowie "früheren Lügen" Stellung nimmt. Während der Inhalt des Briefes weitgehend aus bereits zuvor verbreiteten Argumentationen besteht, lässt vor allem der Tonfall aufhorchen. So beginnt Leopold sein Schreiben süffisant mit dem Satz "Da ich Wichtigeres zu tun hatte, als auf Ihre neuerlichen Unterstellungen gleich zu antworten, komme ich erst heute dazu", schreibt Leopold.

"In gutem Glauben erworben"

Im Gespräch mit "News" bekräftigt Leopold, dass Schieles "Häuser am Meer" "in gutem Glauben erworben" wurden, man sei juristisch im Recht, strebe aber "trotzdem aus moralischen Gründen seit Jahren einen Vergleich an. Unser Angebot liegt derzeit bei 6,5 Millionen Dollar", so Leopold. "Mit den meisten Erben sind wir einig, aber eine Erbin hat ihr riesiges Vermögen drei Institutionen vermacht. Die stehen offenbar unter dem Einfluss von Muzicant, der das Bild lieber versteigern lassen will und sich gegen die Einigung stellt." Für Leopold will die Kultusgemeinde "nur zu viel Geld kommen". Leider traue sich niemand, "gegen Muzicant vorzugehen, weil die Sozialdemokraten wichtige und ehrenvolle jüdische Führer hatten. Er kann sich mittlerweile alles erlauben." Auch Eva Blimlinger vom Restitutionsbeirat, "die sich Historikerin nennt und zu völlig einwandfreien Fällen falsche Besitzernamen hinzufügt", greift Leopold in seinem Schreiben an.

Gegenüber "News" reagierte Erika Jakubovitz diplomatisch: "Ich bedaure, dass Herr Leopold nicht bereit ist, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Lernfähigkeit und das Bewusstsein für Unrecht sind keine Fragen des Alters. Ich würde ihm jederzeit die Hand reichen, wenn er das Richtige tut." Muzicant dazu: "Ich könnte antworten, denke aber nicht daran, mich auf diesem Niveau mit ihm auseinanderzusetzen. Er ist ein alter Narr, und wenn er nicht versteht, worum es geht, kann ich ihm nicht helfen."

"Latent antisemitische Anschuldigungen"

Empört äußerte sich der Grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl heute: "Die jüngsten Anwürfe" gegen die IKG würden sich "nahtlos" in eine "sehr lange Reihe bizarrer Äußerungen Rudolf Leopolds" fügen. "Warum dieser Herr in seinem weißen Würfel nicht endlich einsieht, dass von den Nazis entzogene Kunstwerke zu restituieren sind, lässt sich rational eigentlich nicht mehr nachvollziehen." Zu "latent antisemitischen Anschuldigungen" würden nun auch "völlig haltlose Vorwürfe gegen den Kunstrückgabebeirat" treten. Es sei "höchste Zeit", dass Kulturministerin Claudia Schmied eingreife "und das Leopold Museum dem Kunstrückgabegesetz unterwirft. Dann bleiben uns auch solche hysterisch-wehleidigen Wortmeldungen des Direktors auf Lebenszeit erspart."

Leopold kritisiert "entstellende Berichte"

Das Leopold Museum betonte indessen in einer Aussendung, dass die vom Bund nominierten Restitutionsforscher derzeit "objektiv feststellen, wie viele der Kunstwerke durch Nazi-Entziehung belastet sind". Man erwarte die ersten Ergebnisse noch heuer, bis dahin sei "vereinbart nichts zu veröffentlichen", hieß es in einem Schreiben von Elisabeth Leopold an die APA. Rudolf Leopold wehre sich laut seiner Gattin "gegen entstellende Berichte in Briefen und Medien" und habe "keinerlei antisemitische Gesinnung, seine Familie hatte selbst unter dem Nazi-Regime zu leiden".

Rudolf Leopold selbst bezeichnete ferner die Aussagen von Ariel Muzicant, dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in "News", als "sehr billig". "Es gibt keine Unterscheidung zwischen Juden und Nicht-Juden, aber wir sollten unterscheiden zwischen anständigen und nicht-anständigen Menschen", so Leopold. "Und Muzicant gehört zu den nicht-anständigen, wenn er so etwas sagt." In Richtung dem Grünen Kultursprecher Wolfgang Zinggl, der sich heute ebenfalls zur Causa äußerte, meinte er, dieser agiere "ständig hysterisch und lügt".

Elisabeth Leopold strich in ihrem Schreiben hervor, dass je nach Ergebnis der Provenienz-Forschung im Leopold Museum der Vorstand "nicht aus juristischen, aber aus moralischen Gründen die weitere Vorgangsweise entscheiden wird, wobei auch die Handreichung der IKG sicher hilfreich wäre". (APA)