
Rund 40 Prozent der islamischen Religionslehrer können keine pädagogische oder theologische Ausbildung vorweisen.
Für große Aufregung sorgt eine Studie über Islamlehrer in Österreich. Da sie zum Teil antidemokratische Haltungen einnehmen, werden jetzt Rufe nach Reformen bei der Ausbildung und Lehrerauswahl laut.
Wien – Die Meldung beunruhigt linke genauso wie rechte Politiker. Mehr als ein Fünftel der rund 400 Islamlehrer in Österreich lehnen die Demokratie ab und vertreten "fanatische Haltungen", ergab eine Studie des Islamwissenschaftlers Mouhanad Khorchide, die am Dienstag bekannt wurde.
Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) zeigt sich "alarmiert". Das Problem: Sie hat kaum Handhabe einzugreifen. "Wir haben da nichts zu reden", heißt es aus ihrem Büro. Die Schulbehörde beaufsichtigt den Religionsunterricht nur nach formalen Kriterien, auf die Lehrpläne hat sie keinen Einfluss. Die werden – streng nach dem Prinzip der Trennung von Kirche und Staat – von den verschiedenen Glaubensgemeinschaften erstellt, die auch die Lehrer selbst auswählen. Zwar darf der Unterricht laut Gesetz nicht der "staatsbürgerlichen Erziehung" widersprechen, doch kontrollieren kann das der Staat kaum. Die Islamische Glaubensgemeinschaft stellt auch selbst die acht Fachinspektoren, die die Qualität überwachen sollen.
Schmied fordert nun bis 12. Februar einen Bericht, wie diese Inspektoren ihre Aufgabe wahrnehmen. Letztlich ist sie aber auf die Kooperationsbereitschaft der islamischen Vertreter angewiesen.
Experten sehen deshalb Handlungsbedarf. Richard Potz, Professor für Religionsrecht an der Uni Wien, würde einen rechtlichen Mechanismus befürworten, der dem Ministerium die Möglichkeit gibt, einzelne problematische Lehrer zu sanktionieren.
Neue Kriterien
Bei der Ausbildung der Religionslehrer schreibt das Gesetz zwar Standards vor, doch auch diese wurden nicht immer respektiert, was mittlerweile auch Anas Schakfeh, Präsident der Glaubensgemeinschaft einräumte: Als in den Achtzigern und Neunzigern der Bedarf sprunghaft stieg, wurden Lehrer eingestellt, die keine ausreichende Ausbildung hatten.
Die meisten islamischen Religionslehrer, nämlich 143, sind derzeit an Wiener Schulen beschäftigt (siehe Artikel rechts). In Niederösterreich lehren mit 72 um die Hälfte weniger, in Oberösterreich 44, in Salzburg 33, in der Steiermark 31, in Tirol 30. Die wenigsten Islamlehrer gibt es im Burgenland, wo acht tätig sind. In Kärnten geben elf Pädagogen islamischen Religionsunterricht, in Vorarlberg doppelt so viele, nämlich 22.
Laut Khorchides Studie haben aber 40 Prozent dieser insgesamt 390 Lehrer überhaupt keine pädagogische Ausbildung, 37 Prozent weder eine theologische noch pädagogische Ausbildung.
Dieses Problem betreffe aber nicht nur Muslime, meint Experte Potz, sondern auch andere Gemeinschaften, die einen wachsenden Bedarf an Religionslehrern abdecken müssen, wie etwa die orthodoxen Serben. Seit mit der religionspädagogischen Akademie aber eine eigene Institution zur Ausbildung existiere, sei die Qualität der muslimischen Lehrer im Steigen begriffen. Potz: "Die Richtung stimmt." 60 Prozent des Lehrpersonals sind entweder Studenten oder Absolventen des Instituts für islamische Religionspädagogik.
Ednan Aslan vom Institut sieht vor allem bei den Lehrplänen, die zum Teil seit 1982 unverändert seien, und in der Lehrerfortbildung Verbesserungsbedarf. "Der Unterricht sollte die Kinder dazu befähigen, als Moslems in der Gesellschaft zu handeln. Er soll sie nicht zur Isolation befähigen", sagt er zum Standard. Aslan spricht sich aber gegen eine Übertragung der Lehrerauswahl an eine staatliche Behörde aus. Vielmehr müsse die Glaubensgemeinschaft Standards entwickeln, um zu überprüfen, ob die Lehrziele erreicht werden. Sollte das nicht der Fall sein, ist für ihn auch der Austausch von Lehrern denkbar.
Den fordern auch bereits Politiker von FPÖ und BZÖ. Für die Orangen plädiert Uwe Scheuch dafür, die Lehrerauswahl den Religionsgemeinschaften zu entziehen. Die FPÖ will dem Islam sogar den Status als anerkannte Religionsgemeinschaft aberkennen und schlägt vor, Islamlehrer vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung überwachen zu lassen. Die ÖVP fordert eine Entflechtung von Politik und Religion. Aber auch die Grüne Alev Korun wünscht sich "klare Maßnahmen" seitens der Glaubensgemeinschaft. Für das künftige Lehrpersonal schlägt sie eine universitäre Ausbildung vor. Die Wiener SP-Stadträtin Sandra Frauenberger will alle Initiativen unterstützen, die undemokratischen Sichtweisen entgegensteuern. (go, jo, mil/DER STANDARD Printausgabe, 29. Jänner 2009)