Es vergeht kaum ein Tag ohne Banken- und Konzernzusammenbrüche bzw. Teilverstaatlichungen von Finanzinstitutionen. Legendäre Großbanken in Amerika, Großbritannien, Deutschland, Holland und Frankreich können nur durch massive staatliche Finanzhilfe überleben. Es geht aber nicht nur um die Banken und die "reale Wirtschaft", also um Industrie und Handel, sondern auch um die dramatische Belastung der Staaten. Von Ungarn und den baltischen Staaten bis Russland und China sind praktisch fast alle in den Sog der beispiellosen Krise geraten. Angesichts der enormen Belastungen erscheint auch Undenkbares (wie etwa in Folge des dramatisch geschwächten Pfunds der Staatsbankrott des von der Eurozone isolierten Großbritanniens) nicht mehr völlig ausgeschlossen.

Deutschlands weiser Ex-Kanzler Helmut Schmidt tadelt zu Recht immer wieder (zuletzt in der Zeit vom 15. 1.) die Politiker, Notenbanker und Manager dafür, dass sie die verhängnisvollen Folgen des "Raubtierkapitalismus", die Gefahren der "hemmungslosen Habgier" zu lange "nonchalant" ignoriert hatten. Die globale Krise bedarf laut Schmidt globaler Lösungen und einschneidender gemeinsamer internationaler Schritte zur Regulierung der Finanzindustrie, um das Zukunftsvertrauen wiederherzustellen. Anders als 1929-1930 haben heute auch fast alle Regierungen begriffen, dass sie die Krise bekämpfen müssen, um das Schlimmste zu verhüten. Eine Schlüsselfrage ist allerdings das prekäre Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft. Dabei handelt es sich nicht nur um die innenpolitischen Folgen eines sich zeitweilig abzeichnenden Staatskapitalismus bzw. um kurzzeitige Mischformen von Staatsintervention und Marktwirtschaft. Gerade die unvermeidlich gewordene Regierungshilfe für die Finanzbranche und die fatalen Folgen eines abrupten Abzuges von Geldern aus Osteuropa lassen die Risiken einer unkontrollierten Dynamik erkennen.

Unabhängig vom Sonderfall Österreich sehen Beobachter bereits einen Rückzug der zum Teil vom Staat kontrollierten oder geretteten westeuropäischen Banken aus den Auslandsengagements. Statt engerer internationaler Zusammenarbeit im Finanzsektor befürchtet Daniel Gross, der Direktor eines Brüsseler Forschungsinstitutes, eine "Balkanisierung", also eine Zersplitterung der europäischen Finanzmärkte, geleitet vom Primat der jeweiligen nationalen Interessen. Wenn das Pendel wieder Richtung Staatsprotektionismus ausschlägt, könnte das das Krisenmanagement und die europäischen Konjunkturprogramme stark gefährden.

Vor diesem Hintergrund findet gerade das Weltwirtschaftsforum (WEF) unter dem großspurigen Motto "Die Welt nach der Krise gestalten" in Davos statt. Die Berichterstatter aus aller Welt zählen wieder auf, wie viele Staats- und Regierungschefs und wie viele Topmanager an diesem etwas verwelkten Jahrmarkt der Eitelkeiten teilnehmen. Nicht wenige "Lichtgestalten" in den WEF-Programmen "tragen die Verantwortung für die ungeschickten, dummen, unanständigen, unverantwortlichen bis hin zu verbrecherischen Irrungen und Wirrungen, die zur Krise führten", stellte mit beißendem Spott "zur Begrüßung" gerade die Neue Zürcher Zeitung fest. DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.1.1.2009)