Ein heimischer Pappel-Wald als Rohstofflieferant.

Foto: Energie Steiermark

Die Rekordpreise bei Benzin, Heizöl und Strom liegen zwar schon etwas zurück, aber vergessen hat sie wohl niemand. Abgesehen von der Belastung für das Geldbörsel bot sich damit ausreichend Stoff, um wieder einmal über die Endlichkeit der fossilen Brennstoffe heftig zu diskutieren. Und auch wenn der heurige Winter sie etwas in den Hintergrund drängt - die Erderwärmung und damit einhergehende Katastrophen waren für viele Diskussionsbeiträge dankbares Unterfutter.

Nachhaltig und klimaschonend, so wünscht sich nicht nur der umweltbewusste Bürger seine Energiequelle. Und was wäre da - oberflächlich betrachtet - besser geeignet als organische Grundstoffe? Zum Beispiel Pflanzen, die unter anderem bei Biomasse zum Einsatz kommen - in Österreich laut Biomasseverband hauptsächlich in der Form von Holz. Fast 70 Prozent des inländischen Energieverbrauchs von erneuerbaren Energieträgern - so der Interessensverband - basiert auf Holzrohstoffen. Scheitholz, Waldhackgut, Industrierestholz und Holzpellets gehören dazu, Kulturpflanzen wie Raps, Mais und Getreide ebenfalls. Und da wird es bereits heikel. Die rasant gestiegenen Lebensmittelpreise im vergangenen Jahr waren eine deutliche Botschaft. Die Pflanzen eignen sich zwar für Biokraftstoffe oder zur Strom- und Wärmeerzeugung, allerdings zogen die Agrarrohstoffe im vergangenen Jahr auch das Interesse der Investoren auf sich.

Nahrung versus Energie

Schnell war es mit der Unschuld der Pflänzchen vorbei. Denn diese nachwachsenden Rohstoffe sind vielfach auch Teil unserer Lebensmittel. Wenn diese teurer werden, schlägt sich das auch auf die Endprodukte nieder. Im vergangenen Jahr führte etwa der rasante Anstieg des Maispreises in Mexiko zu Protesten, um nur ein Beispiel zu nennen: Mais ist Hauptbestandteil der Tortillas, eines Grundnahrungsmittels vieler Mexikanerinnen und Mexikaner, zugleich aber auch Grundstoff für die Ethanolproduktion mit großer Nachfrage aus dem Nachbarstaat USA. Der scharfzüngige Schweizer Soziologe Jean Ziegler warf den Industriestaaten in der Diskussion jedenfalls Heuchelei vor und sprach von einem "großen Risiko für das Recht auf Nahrung".

Viele Politiker in den Entwicklungsländern sehen den Biomasseboom freilich auch als wirtschaftliche Chance, Kollateralschäden werden dafür in Kauf genommen. Brandrodungen - etwa für Palmölplantagen in Indonesien - sollten neue Anbauflächen schaffen. Ohne Zerstörung von Regenwäldern ist die Flächengewinnung kaum möglich, nebenbei wird dabei jede Menge an Kohlendioxid frei. Aber auch zahlreiche Politiker hierzulande lassen sich zum Beispiel ihren „Biosprit" nicht gerne madig machen. Ex-Umweltminister Josef Pröll hielt große Stücke auf Energie aus Pflanzen und der neue Umwelt- und Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich scheint von der Linie im Großen und Ganzen auch nicht abzuweichen, wie er jüngst in einem STANDARD-Interview kundtat.  „In Österreich können die Bauern sowohl den Lebensmittel- als auch den Biosprit-Markt bedienen", zeigte er sich zuversichtlich.

Soll und Haben

Hoffnungsträger oder Teufelszeug, so eindeutig ist die Zuordnung ohnedies nicht. Energiepflanzen sollen kostengünstig und ökologisch Energie liefern. Der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) wird von den Befürwortern auf der Sollseite ins Treffen geführt, der notwendige Einsatz von Düngemitteln von den Gegnern auf der Habenseite. Außerdem haben diese Rohstoffe den Vorteil, dass es sich quasi um eine ständig nachwachsende Energiequelle handelt, mit der auch die Landwirtschaft eine Freude hat, weil sich damit Produktions- und Einkommensalternativen auftun.

Auch ist nicht jede Pflanze gleich verdächtig. Die einen werden entweder direkt genutzt (z.B. Energiegetreide) oder zu Pellets verarbeitet (z.B. Stroh, Chinaschilf), oder kommen nach der Pressung in Form von Pflanzenölen (Raps-, Sonnenblumen-, Leindotteröl) oder nach Vergärung als Biogas zum Einsatz. Zuckerrohr, Mais, Ölpalmen, Raps, Hanf oder schnell wachsende Bäume wie Pappeln oder Weiden haben ebenfalls „Energiepotenzial". Gefördert wird ihre landwirtschaftliche Aufzucht in Österreich laut Energieexperte Alexander Bachler von der Landwirtschaftskammer nicht. Hierzulande werde derzeit mit einigen Versuchsträgern experimentiert, erläutert Bachler. So bemühen sich Saatgutproduzenten um eigene Getreidesorten für die Bioethanolgewinnung. Solange die Marktreife nicht erreicht sei, komme das gleiche Saatgut zum Einsatz wie für das Brotgetreide, so Bachler: Einfluss genommen wird auf das Ergebnis durch Düngung und Aussaatdichte, um zum Beispiel den für Brotgetreide wichtigen Protein-Gehalt - der für die Energiegewinnung eher hinderlich ist - zu senken.

Ungewisse Zukunft

Ein Schattendasein führen bislang noch schnell wachsende Hölzer wie Pappeln und Weiden - die nun auf Plantagen heranwachsen sollen. Drei bis fünf Jahre brauchen die Turbogewächse anstelle der üblichen 30 Jahre außerhalb der Plantagenzucht. Das würde sich laut Bachler langfristig auch für die Landwirte rechnen. Versuche gäbe es auch mit dem so genannten Elefantengras (Miscanthus). „Da gibt es derzeit nur 660 Hektar". Vor allem logistische Fragen seien mit dem Gewächs im Zusammenhang mit Energiegewinnung noch zu lösen.

Derzeit hänge ohnedies das Thema Energiepflanzen in der Luft. Die Preise für Agrarrohstoffe seien viel zu unberechenbar, um weitere Einschätzungen über die Zukunft zu treffen. "Das hängt jetzt alles von der weiteren Entwicklung am Rohstoffmarkt ab." (Regina Bruckner)