Berlin - Die OECD werde die Wachstumsprognose vor allem für Deutschland im Vergleich der Euro-Länder für das Jahr 2003 am stärksten nach unten korrigieren. Jedoch werde für alle Länder der Euro-Zone die Vorhersage für 2003 "signifikant" gesenkt, sagte der Chefökonom der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Jean-Philippe Cotis, am Donnerstag in Paris. Für die OECD-Länder nahm die Pariser Organisation ihre Wachstumserwartungen für 2003 von 2,2 auf 2,0 Prozent zurück.
Für das erste Quartal 2003 geht die OECD von einem Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent für die Euro-Zone und von 0,2 Prozent in Deutschland aus. Für Frankreich prognostiziert die Pariser Organisation ein Wachstum von 0,3 Prozent im ersten Quartal 2003, für Italien von 0,3 Prozent und für das Vereinigte Königreich von 0,4 Prozent.
"Die schwache Entwicklung ist ein kollektives Phänomen", sagte Cotis. In den USA dagegen wachse die Wirtschaft wie vorhergesagt 2003 um etwa 2,5 Prozent. Im ersten Quartal geht die OECD für die USA von einem Wachstum von 0,8 Prozent aus.
In Europa hingegen würden die Unsicherheiten in Verbindung mit der Irak-Krise das Vertrauen der Konsumenten stärker untergraben. Unternehmen verzögerten ihre Investitionsvorhaben. Dagegen könnten die USA in der Krise besser bestehen als die Europäer, erklärte Cotis. Viele Regierungen in Europa hätten "wenig Handlungsspielraum" weil sie es versäumt hätten, in wirtschaftlich guten Zeiten Reserven anzulegen.
Zur Wiederbelebung der Konjunktur empfahl Cotis Zinssenkungen und eine strikte Kontrolle der Staatsausgaben. Bei einer raschen Lösung der Irak-Krise und einem sinkenden Ölpreis auf etwa 25 Dollar dürfte sich die Lage mittelfristig wieder "normalisieren". Genaue Zahlen legt die OECD im April vor. Zuletzt hatte die OECD 1,8 Prozent Wachstum für die Euro-Zone prognostiziert.
Die OECD sieht Deutschland im ersten Quartal 2003 am Rande einer Rezession und bekräftigte ihren Ruf nach ehrgeizigen Reformen der Sozialsysteme. Ansonsten werde es beim Wachstum weiter hinter den meisten anderen Industrienationen herhinken. "Deutschland muss sich dem internationalen Wettbewerb stellen, nicht nur bei Gütern und Dienstleistungen, sondern auch bei den Politikansätzen", forderte der Leiter des Berliner OECD-Büros, Heino von Meyer.
Nach Analyse der OECD hat die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in Deutschland seit Mitte der 90er Jahre ihre Ursache vor allem in einem schwierigen Anpassungsprozess nach der Wiedervereinigung und zu lange unterlassenen Reformen. Die deutsche Wirtschaft wächst seit Jahren spürbar langsamer als die der meisten anderen Industrieländer.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Leitzinsen am Donnerstag um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Der wichtigste Zins zur Versorgung der Kreditwirtschaft mit Zentralbankgeld in der Eurozone liegt damit bei 2,50 Prozent. (APA/dpa/Reuters)