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Die Teilnehmer des Weltsozialforums sind ein beliebtes Fotomotiv

Foto: EPA/Forte

Die indigenen Völker stehen im Mittelpunkt des Weltsozialforums in Belém. 2000 Ureinwohner aus ganz Amerika sind in die Millionenstadt am Amazonasdelta gekommen, die meisten von ihnen aus Brasilien. Für Paulo Tikuna dauerte die Schiffsreise neun Tage. "Wir wollen der Welt zeigen, dass es uns noch gibt, dass wir uns wehren", sagte der schmächtige Mann aus der Grenzregion zu Kolumbien am Mittwoch, dem "Amazonastag". "Unsere Flüsse haben immer weniger Fische, und ständig dringen Holzfäller in unser Land ein."

Edmundo Dzuhiwi Xavante aus dem Bundesstaat Mato Grosso klagt darüber, dass sein Land mittlerweile vollkommen von den Sojaplantagen großer Konzerne umzingelt sei. Die Flüsse der Region seien durch die Rückstände von Pflanzengiften verseucht.

"Die Politiker müssen einsehen, dass wir nicht ein Entwicklungshemmnis sind, sondern die besten Verteidiger des Waldes, des Wassers und der Luft", meint Marcos Apurinã. "Eines Tages werden sie verstehen, dass dies nicht nur im Interesse unserer, sondern auch ihrer eigenen Kinder ist", hofft der 38-Jährige mit dem Pferdeschwanz und imposanten Federschmuck.

Amazonien verfügt über den größten Tropenwald der Welt mit einzigartiger Artenvielfalt und riesigen Süßwasserreserven. Der Regenwald funktioniert wie eine große Klimaanlage, doch seine Zerstörung trägt erheblich zur Erderwärmung bei. Die Klimawandel-Debatte hat darauf reagiert. Manche sehen im Erhalt der Regenwälder durch den Emissionshandel die preiswerteste Variante zur Reduzierung der Treibhausgase.

"Nicht freikaufen"

Durch den Erwerb von CO2-Zertifikaten in großem Stil dürften sich jedoch Unternehmen aus den Industrieländern nicht von ihrer Verantwortung zu Hause freikaufen, warnt der Berliner Ökonom Elmar Altvater. Er ist davon überzeugt, dass eine gerechte Lösung der Klimakrise nur "jenseits des Kapitalismus" möglich sei - und schlägt damit in die selbe Kerbe wie Boliviens indigener Präsident Evo Morales, der gestern, Donnerstag, in Belém erwartet wurde.

Das Forum ist eine Mischung aus Volkshochschule, politischem Aktivismus und Happening. Rund um das Jugendcamp geht es zu wie in einer alternativen Ferienkolonie. "Manchmal frage ich mich, ob das nicht zu sehr von unseren Zielen ablenkt", sagt der Amerikaner Andrew Miller von Amazon Watch.

Laut Veranstaltern haben sich in Belém mehr als 100.000 Globalisierungsgegner, Theologen, Gewerkschafter, Politiker, Studenten und andere Gruppen aus über 100 Ländern versammelt. Sie debattieren in 2.600 Veranstaltungen über die Lebensbedingungen der Ureinwohner in dem von Abholzung bedrohten Amazonas-Gebiet, über Menschenrechte, Mitbestimmung und die Folgen der Finanzkrise. (Gerhard Dilger aus Belém/DER STANDARD, Printausgabe, 30.1.2009)