Linz - "Ich bin einfach nur entsetzt über den Papst." Maximilian Liebmann - international renommierter Grazer Kirchenhistoriker - geht mit dem Heiligen Vater in der Diskussion rund um den jüngst wieder offiziell in die Kirche aufgenommenen Bischof der erzkonservativen Pius-Bruderschaft und Holocaust-Leugner Richard Williamson hart ins Gericht. Eine bloße Distanzierung - Benedikt XVI. hatte sich bei seiner Generalaudienz am vergangenen Mittwoch gegen eine Leugnung des Holocaust gestellt - von Williamsons Aussagen sei zu wenig. "Bitte, das ist keine Kleinigkeit aus irgendeinem Messbuch. Was es jetzt braucht, ist ein deutliches Signal", warnt der Kirchenexperte. Wie das aussehen könnte? Liebmann: "Er hätte die Möglichkeiten, solche Ungeheuerlichkeiten entsprechend öffent- lichkeitswirksam zu ahnden." Durch die Haltung des Papstes sei jetzt ein Großteil des Zweiten Vatikanums infrage gestellt. Ein Ergebnis des Konzils war es, den Dialog der katholischen Kirche mit dem Judentum voranzutreiben.

Der Vatikan hatte vor wenigen Tagen die Exkommunikation von Williamson und drei weiteren Bischöfen rückgängig gemacht. Dies hat zu erheblichen Spannungen mit jüdischen Organisationen geführt, weil Williamson in einem Fernsehinterview die Ermordung der sechs Millionen Juden in den Gaskammern der Nazi-Konzentrationslager bestritten hat. Gegen den 67-Jährigen wird deswegen wegen Volksverhetzung von der Regensburger Staatsanwaltschaft ermittelt. Am Mittwoch brach dann Israels Großrabbinat die Beziehung zum Vatikan ab. An Zufälle bei päpstlichen Aufregern glaubt Liebmann im Übrigen nicht: "Benedikt XVI. ist ein blitzgescheiter Mensch und hat ein hochintelligentes Team hinter sich. Entscheidungen wie die Wiederaufnahme der Lefebvre-Bischöfe sind sicher von langer Hand geplant."

Erneute Holocaust-Leugnung

In Italien hat inzwischen ein weiterer Lefebvre-Anhänger die Shoa infrage gestellt. Don Floriano Abrahamowicz erklärte in einem Interview mit der Tribuna di Treviso, die Gaskammern hätten zur "Desinfektion" gedient.

Ob es auch Opfer gegeben habe, wisse er nicht, sagte der Geistliche. Die Zahl von sechs Millionen sei den Alliierten bei Kriegsende von deutschen Juden suggeriert worden: "Wenn Williamson den Völkermord an den Armeniern geleugnet hätte, wäre nichts passiert", erklärte Abrahamowicz, der 2007 vor allem durch eine lateinische Messfeier für den Lega-Chef Umberto Bossi bekannt wurde. (mro, mu/DER STANDARD, Printausgabe, 30.1.2009)