Muss es sein? Muss es wirklich sein, dass auch "Die Wölfe", der große ZDF-Dreiteiler zu 40 Jahren deutsch-deutscher Teilung, uns mit einer Fülle von privaten Schicksalen konfrontiert, wie man sie sonst nur aus dem Dostojewski-Roman kennt? Das fragte man sich etwas bange vor dem ersten Teil - angesichts der Fülle von historischen Ereignissen (Sturmflut, Grubenunglück, Mauerbau), die ja alle nur noch mit der entsprechenden Portion Einzelschicksal erzählt werden.
Die Antwort ist eindeutig. Ja, es muss sein, es soll, es darf. Zu sechst sind sie, diese Berliner Jugendlichen, die sich im Blockade-Jahr 1948, als Westberlin aus der Luft versorgt wird, zur Bande "Die Wölfe" zusammenschließen. Der Sohn des Nazis ebenso wie der Jude, der alle Verwandten im KZ verloren hat.
Sie schlagen sich durch, manchmal zum Brüllen komisch - wenn den US-Besatzern ein alter Schäferhund als direkter Nachkomme von Hitlers Blondi präsentiert wird. Kaum tätscheln die Amis interessiert das arme Vieh, schwupps, schon ist die Brieftasche weg. Dann wieder, wenn ein paar Gesten den unaussprechlichen Verlust der Eltern im Krieg andeuten, zum Weinen traurig.
Der wahre Star des Dreiteilers ist jedoch die Technik. Noch nie wurden Fiktion und Originalaufnahmen (Rosinenbomber im Anflug, Trümmerfrauen beim Steineklopfen) im deutschen Fernsehen so gekonnt vermengt. Wenn die sechs durch die Ruinen Berlins hasten, dann passiert das in einer bis dahin unerreichten Authentizität.
So viel sei verraten: In den Folgeteilen (Mauerbau 1961, am Montag, 20.15 Uhr, Mauerfall 1989 am Dienstag, 20.15 Uhr) spielt die erste Garde deutscher TV-Stars. Die Story wirkt etwas krude. Dennoch: Geschichtsstunde auf hohem Niveau. (Birgit Baumann/DER STANDARD; Printausgabe, 31.1/1.2.2009)