Wien - Nur einmal angenommen, Günter Kaltenbrunner wird zum ÖFB-Präsidenten gewählt. Dann wäre nach dem Bürgerlichen Friedrich Stickler wieder ein langjähriges, wenn auch politisch unauffälliges SPÖ-Mitglied Chef des größten Sportverbandes. Angesichts der mehrheitlich bürgerlichen Landesverbandspräsidenten wäre das fast schon ein Coup - auch wenn der ebenfalls bürgerliche Christian Konrad, Generalanwalt der Raiffeisen Niederösterreich-Wien, seinem Schulfreund Kaltenbrunner auf dem Weg zu diesem Erfolg helfen und herzlich gratulieren würde.

Am 2. Februar in der entscheidenden Sitzung des Wahlausschusses wird es so weit sein. Denn weder Kaltenbrunner noch sein Gegenkandidat Leo Windtner werden sich am 28. Februar zu einer Stichwahl in die ÖFB-Hauptversammlung begeben. Das wäre denn zu viel der Verbandsdemokratie. Angenommen, Kaltenbrunner macht das Rennen, dann ist wohl auch der NÖ-Landesverbandspräsident Johann Gartner von der Unterstützung Windtners abgerückt. Zu dieser Position animierte ihn angeblich Frank Stronach. Der hat dem Hörensagen nach nicht vergessen, dass ihn 1999 Rapids Präsident nicht zum Bundesliga-Präsidenten wählte. Der Schlingel hieß Kaltenbrunner.

Übrigens ist Martin Bartenstein eine Schnapsidee - nicht als Person, aber als Kandidat. Offenbar hat in der ÖVP jemand mit Gewalt und in Ignoranz der ÖFB-Interna einen Haberer ins Spiel gebracht. Jedenfalls gilt Bartenstein, wie auch der Ex-Bundesliga-Präsident Gerhard Skoff, als unwählbar, selbst in der ÖVP.
Angenommen, Kaltenbrunner wird nicht ÖFB-Präsident. Weil sein Kontrahent Leo Windtner, Vorstandsvorsitzender der Energie AG OÖ und Landesverbandschef, gewählt wird. In diesem Fall müsste Salzburgs Verbandschef Herbert Hübel, ein Vertrauter des präsumtiven Generaldirektors Alfred Ludwig, umgestimmt oder überstimmt werden. Ludwig und Hübel wünschen sich Kaltenbrunner zum Chef, nicht weil sie Kaltenbrunner als knallharten Verbandschef mit einer Mission betrachten. Windtners Kür wäre also auch ein Signal, dass die Mehrheit der Landesverbände (und die Bundesliga, die Windtner ohnehin favorisiert) sich einen Generaldirektor unter strikter Kontrolle und an kurzer Leine wünscht. Verständlich. Ludwig führt den Verband seit vielen Jahren und gilt weder als Modernisierer noch als Fan der Teamarbeit.

Parteilinie

Angenommen, Windtner nimmt sich nicht selbst aus dem Rennen, dann rechnet er sich gute Chancen aus. Dann weiß er, dass Konrads Veto gemanagt und Kaltenbrunner marginalisiert wurde. Dann weiß er, dass Konrad und dem NÖ-Landeshauptmann Erwin Pröll die Parteilinie wichtiger ist als die Treue zu Freund Kaltenbrunner - zumal Windtner nicht unbedingt als die große Liebe des Chefs von Raiffeisen Oberösterreich, Ludwig Scharinger, und also sein Sieg nicht als Niederlage Konrads gilt.

Die Energie AG soll nämlich modernisiert werden, Windter erlitt mit seinem Vorhaben, Verbund-Chef zu werden, Schiffbruch. Und auch die von ihm mitbetriebene große österreichische Stromlösung (Fusion von Landes-Energieunternehmen mit dem Verbund) scheiterte. Der Landesregierung und Scharinger, den größten Gesellschaftern der Energie AG, könnte es passen, dass Windtner in Wien viel zu tun haben wird.

Angenommen also, das SPÖ-Mitglied Kaltenbrunner wird nicht ÖFB-Chef, dann hätte die ÖVP neben dem Skiverband, dessen Präsident Peter Schröcksnadel ein (auch jetzt vor der Wahl des ÖOC-Präsidenten) umtriebiger Sympathisant ist, den zweiten Sportfunktionär mit Zugriff auf die Herzen der Landsleute in der Tasche. Ein Mann mit ÖFB-Vergangenheit würde zufrieden nicken. Er drückte als Vorarlbergs Verbandschef etliche Jahre lang die eine oder andere (Nachwuchs-)Initiative im ÖFB durch. Sein Kombattant gegen die Laxheit hieß Leo Windtner. Er ist VP-Klubchef im Parlament und heißt Karlheinz Kopf. (Johann Skocek - DER STANDARD PRINTAUSGABE 31.1. 2009)