Bild nicht mehr verfügbar.

Zur Person

Hamas-Sprecher Ghazi Hamad, ein promovierter Politologe und früherer Journalist, gehört zu jenem Flügel der Hamas, der eine Zweistaatenlösung in den Grenzen von 1967 akzeptiert.
Zur Zukunft der Zweistaatenlösung

Foto: AP /Hasan Jamali

Hamas-Sprecher Ghazi Hamad ist überzeugt, dass Israel die Zustimmung zu einem langfristigen Waffenstillstand erst nach der Bildung der neuen Regierung in Jerusalem gibt. Mit Ghazi Hamad sprach Astrid Frefel in Gaza.

***

STANDARD: Die Waffenruhe in Gaza ist brüchig. Befinden sich die beiden Seiten dennoch auf dem Weg zu einem dauerhaften Waffenstillstand?

Hamad: Wir sind interessiert an einer Lösung, deshalb führen wir intensive Verhandlungen mit den Ägyptern. Dabei sprechen wir über die Grenzübergänge, den Waffenstillstand und seine Dauer sowie internationale Beobachter. Aber wir warten auf eine Antwort der Israelis, und ich glaube, Israel ist derzeit nicht daran interessiert, weil eine Wahl bevorsteht und man mehr Zeit gewinnen will, bis eine neue Regierung im Amt ist.
Alles ist offen. Die Waffenruhe ist tatsächlich brüchig. Es kommt zu Aktionen und Reaktionen.

STANDARD: Von der internationalen Gemeinschaft wird großer Druck ausgeübt, dass die rivalisierenden Hamas und Fatah eine Einheitsregierung bilden. Welche Bedingungen stellt Hamas?

Hamad: Versöhnung ist unsere Priorität. Das ist der Schlüssel für alle Fragen. Wenn Gaza isoliert bleibt, bleibt es unter der Blockade, und das Westjordanland bleibt unterdrückt, die Siedlungen werden weitergebaut, und es kommt zu israelischen Strafaktionen. Wir müssen zurück zum nationalen Dialog. Tatsächlich gibt es noch immer eine große Kluft zwischen Hamas und Fatah. Aber wir haben keine andere Wahl.

STANDARD: Aber Hamas stellt Bedingungen ...

Hamad: Nein, wir sprechen nicht von Bedingungen, sondern darüber, wie man eine positive Atmosphäre herstellen kann, zum Beispiel, indem Häftlinge entlassen werden. Das würde uns helfen, an einem Tisch zu sitzen.

STANDARD: Sind Sie optimistisch?

Hamad: Es wird schwierig sein, aber wir müssen alle Parteien davon überzeugen, dass ohne Versöhnung noch mehr Probleme auf uns zukommen.

STANDARD: Hamas hat die ersten Kompensationen ausbezahlt. Geht das Geld an alle Geschädigten oder nur an Hamas-Mitglieder?

Hamad: Selbstverständlich an alle.

STANDARD: Warum wurde dieser Schritt nicht mit den internationalen Organisationen koordiniert?

Hamad: Wir koordinieren ständig mit Rotem Kreuz, Rotem Halbmond, mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk und mit Privaten. Wir verlangen nicht, dass das Geld zur Regierung oder zur Hamas geht. Wir wollen, dass es die geschädigten Leute erreicht. Man kann auch ein unabhängiges Komitee bilden, um die Hilfe zu überwachen, woher sie kommt und wohin sie geht.

STANDARD: Wie sieht die Hamas-Führung die politische Zukunft? Man hört Unterschiedliches aus Gaza und Damaskus, mit moderateren Töne aus Gaza.

Hamad: Hamas ist eine große Organisation, da gibt es auch Differenzen, nicht nur eine Farbe. Aber am Schluss, wenn einmal entschieden ist, dann halten sich alle daran.

STANDARD: Wie kann Hamas die Regierungsfunktionen ausüben, wenn die meisten Ministerien und alle Polizeistationen in Trümmern liegen?

Hamad: Die Situation ist sehr schwierig. Wir versuchen, so gut wie möglich, die Leistungen für die Bevölkerung bereitzustellen, zum Beispiel Sicherheit. Unsere Polizisten sind auf den Straßen, auch wenn sie zum Teil keine Uniformen mehr haben, denn wir können nicht ausschließen, dass der Krieg von israelischer Seite weitergeht. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.1./1.2.2009)