Washington - Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat die Isolierung der radikalen Palästinenserorganisation Hamas durch den Westen infrage gestellt und die palästinensischen Gebiete als "Freilichtgefängnis" bezeichnet. In einem am Samstag von der "Washington Post" veröffentlichten Interview sagte Erdogan: "Hamas ist als politische Partei bei den Wahlen (2006) angetreten. Hätte die ganze Welt ihnen die Chance gegeben, ein politischer Akteur zu werden, wären sie nach dem Wahlsieg vielleicht nicht in diese Situation gekommen. Die Welt hat den politischen Willen des palästinensischen Volkes nicht respektiert". Die Hamas verweigert die Anerkennung Israels und wird von den USA und der EU als terroristisch eingestuft.

Freilichtgefängnis

"Palästina ist heute ein Freilichtgefängnis. Die Hamas konnte diese Situation nicht ändern, so sehr sie es versucht hat. Stellen Sie sich vor, Sie verhaften den Parlamentspräsidenten eines Landes und auch einige Minister und Parlamentsabgeordnete. Und dann wird erwartet, dass sie sich fügen", sagte Erdogan. Etwa 40 Hamas-Abgeordnete befinden sich in israelischer Gefangenschaft, darunter der Parlamentsvorsitzende Aziz Dweik.

Das Interview wurde offensichtlich vor dem Eklat auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos geführt. Erdogan hatte den Schweizer Ort am Donnerstagabend nach einer Diskussionsrunde, an der auch Israels Präsident Shimon Peres teilnahm, im Streit um den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen mit mehr als 1300 toten Palästinensern wütend verlassen. "Wenn es ums Töten geht, mit dem Töten kennt ihr euch sehr gut aus", erklärte er an die Adresse der Israelis. Die Hamas begrüßte in einer Erklärung Erdogans "mutige Haltung bei der Verteidigung der Opfer des kriminellen zionistischen Krieges gegen die Kinder, Frauen und Menschen von Gaza". (APA/dpa)