Antananarivo - Nach schweren Unruhen in Madagaskar hat sich der Bürgermeister der Hauptstadt Antananarivo, Andry Rajoelina, am Samstag vor Zehntausenden von Oppositionsanhängern zum De-facto-Machthaber der Inselrepublik ausgerufen. Die Opposition wirft Staatschef Marc Ravalomanana Verschwendung und Machtmissbrauch vor. "Da der Präsident und die Regierung ihre Verantwortung nicht wahrgenommen haben, erkläre ich, dass ich ab heute alle nationalen Angelegenheiten regeln werde", sagte Rajoelina auf einem zentralen Platz von Antananarivo. Ein Amtsenthebungsantrag gegen Ravalomanana werde umgehend im Parlament eingebracht, um den gesetzlichen Notwendigkeiten Genüge zu tun, sagte Rajoelina.

Die Sicherheitskräfte hielten sich bei der Kundgebung im Hintergrund. Als einige Demonstranten zu Beginn der Veranstaltung Steine auf Gendarmen warfen, zogen diese umgehend ab. Die Kundgebung vom Samstag war die dritte ihrer Art. Nach der ersten Versammlung am Montag hatte es gewaltsame Auseinandersetzungen gegeben. Nach Angaben der Gendarmerie wurden seither 68 Menschen getötet.

Rajoelina wurde im Dezember 2007 zum Bürgermeister der Hauptstadt gewählt. Er wirft der Regierung vor, den Reichtum des Landes an ausländische Firmen zu verschleudern. Am 13. Dezember wurde Rajoelinas Fernsehstation Viva geschlossen, die zuvor ein Interview mit dem exilierten Ex-Präsidenten Didier Ratsiraka ausgestrahlt hatte. Rajoelina bezeichnete die Amtsausübung Ravalomananas am 23. Jänner als "Diktatur". (APA)