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EU-Abgeordneter Voggenhuber wirft Glawischnig & Co. vor, seinen Abtritt "hinter den Kulissen systematisch betrieben" zu haben.

APA-FOTO: BARBARA GINDL

Standard: Sind die Grünen für Sie nun gestorben?

Voggenhuber: Darum geht‘s nicht. Ich sehe es so: Der Entscheidungsprozess um die EU-Wahlliste ist abgeschlossen, der demokratische Wettstreit damit zu Ende - und das Ergebnis von mir zu akzeptieren.

Standard: Trotzdem möchten die Salzburger Sie jetzt in deren Landesliste pressen, damit Sie doch noch kandidieren können. Daran interessiert?

Voggenhuber: Nein. Es wäre fatal, irgendwelche Scherbenhaufen aufklauben zu wollen, denn das kann zu nichts führen. Ich wünsche mir, dass das Ergebnis des Erweiterten Bundesvorstandes daher auch von meinen Unterstützern quer durch die Partei akzeptiert wird. Mehr ist dazu nicht mehr zu sagen.

Standard: Mithilfe einer Kampfabstimmung, die 17 zu zwölf gegen Sie ausging, hat man Sie völlig von der EU-Liste gestrichen. Eine Idee, wie es soweit kommen konnte?

Voggenhuber: Das ist einfach zu beantworten: Offensichtlich hat sich die Parteiführung schon seit langem darauf verständigt, mich loszuwerden. Sie hat das hinter den Kulissen systematisch betrieben - und hat für ihren Weg die Mehrheit bekommen. Was ich daran sehr bedaure, ist, dass es dabei gelungen ist, einige Legenden über mich in die Welt zu setzen.

Standard: Welche zum Beispiel?

Voggenhuber: Etwa, dass ich meine Kritik immer nur öffentlich, und nicht parteiintern vorgetragen habe. Dabei haben Sascha Van der Bellen und seine Mitarbeiter in unseren persönlichen Gesprächen sicher ein Dutzend Notizbücher vollgeschrieben über meine Kritik an der Partei. Parallel dazu habe ich all meine Kritikpunkte stets lange und eingehend nicht nur gegenüber den Führungspersönlichkeiten sondern auch in den entsprechenden Gremien klargemacht. Leider ich bin dort auf eine Teflon-Schicht gestoßen. Es wurde quasi die Parole ausgegeben: "Einfach Ignorieren, der sitzt eh in Brüssel!"

Standard: Was wurden noch für Legenden über Sie in die Welt gesetzt?

Voggenhuber: Legende Nummer zwei: Dass der zweite Listenplatz für mich sicher gewesen wäre. Meinen Informationen nach wollte man auch da reinen Tisch machen, um den Preis einer zweiten Niederlage auf meine Kosten. Ja, und dann gibt es noch die Legende von meiner angeblichen Unverträglichkeit. Dieses Klischee, ist aber - wenn man meine Mitarbeiter und Freunde bei den Grünen fragt - leicht zu widerlegen. Wahr ist, dass die Führungsspitze mich zu einem Vogelfreien erklärt hat. Zuletzt gab es in der Debatte um meine Person sogar sexistische Untertöne, etwa, dass "der Silberrücken erlegt werden" müsse. Ich bin da in einen Geschlechterkampf geraten. Und: Zuletzt hat man sogar die alte KP-Sprache auf mich angewandt, dass ich ein "zerstörerisches Element" sei. Gut, das sind halt die Kollateralschäden einer demokratischen Auseinandersetzung. Ich habe jedenfalls darin nie jemanden persönlich angegriffen.

Standard: Einst haben Sie die Grünen mitbegründet, waren sogar Parteichef. Ist Dankbarkeit einfach keine politische Kategorie?

Voggenhuber: Das hat ja schon Bruno Kreisky festgestellt - und eigentlich ist das auch gut so. Sonst gäb‘s ja keinerlei Erneuerung in den Parteien, weil die Alten sich stets auf die Dankbarkeit berufen würden.

Standard: Sie sind über die letzten Tage und Wochen nicht verbittert?

Voggenhuber: Überhaupt nicht. Aber eines möchte ich festhalten: In der Diskussion um meine Solidaritätskandidatur vor der Entscheidung des Vorstandes ging es nur mehr darum, ob ich garantieren könne, nicht gewählt zu werden. Dabei habe ich ohnehin schon Selbstbeschränkungen angeboten, die zur Folge gehabt hätten, dass ich mit Klebeband eng verschnürt auf der letzten Bank gesessen wäre. Aber das war für die Parteiführung immer noch nicht genug Garantie, dass ich nicht gewählt werde.

Standard: Was prophezeien Sie den Grünen für ein Ergebnis für die EU-Wahl im Juni?

Voggenhuber: Es ist nicht meine Sache, das zu kommentieren. Denn es gibt dafür jetzt andere Verantwortliche. Nun haben sich alle hinter der gewählten Liste zu versammeln, um die Wahl zu gewinnen.

Standard: Und generell? Wie wird es mit den Grünen ohne Johannes Voggenhuber weitergehen?

Voggenhuber: Die Mehrheit bei den Grünen konnte und wollte sich das unbedingt so vorstellen - und daher müssen Sie dazu diese Leute befragen. Ich sage nur: Die Friedhöfe der Welt sind voll von Menschen, die sich für unentbehrlich hielten. Das stammt übrigens von Charles de Gaulle.

Standard: Was haben Sie jetzt vor?

Voggenhuber: Sie müssen sich um mich keine Sorgen machen. Ich gehe guten Mutes meiner Wege.

Standard: Und wo? In Salzburg, in Wien, in Brüssel oder in Straßburg?

Voggenhuber: Ich versuche jetzt einmal neue Horizonte zu gewinnen und zu schauen, ob es Menschen gibt, die mir Aufgaben anvertrauen - und mich nicht nur loswerden wollen.

Standard: Was, wenn Sie ein Angebot von einer anderen Partei bekommen, bei der EU-Wahl anzutreten? Von der ÖVP zum Beispiel?

Voggenhuber: Ich habe immer klar gesagt, dass ich nicht gegen die Grünen kandidieren werde - und damit auch, dass ich keine andere Liste gründe oder für eine andere Partei antrete. Mich hat es jedenfalls sehr getroffen, dass man mir bei den Grünen jetzt, im Zuge der Auseinandersetzung, auch noch die Handschlagsqualität abgesprochen hat.

Standard: Haben Sie selbst auch ein paar Fehler gemacht?

Voggenhuber: Eines bedaure ich sehr: Ich möchte mich bei meinen Wählern dafür entschuldigen, dass es mir nicht gelungen ist, durchzusetzen, dass sie das Recht auf ihre Wahl haben. Warum ich nur für den ersten Listenplatz kandidiert habe, ist klar: Weil es damals auch um die Frage eines EU-Kurswechsels bei den Grünen ging. (Nina Weissensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2009)