Petra Erdmann leitet die FM4-Filmredaktion. Ihr "TV-Favorit" ist die US-Serie "Breaking Bad".

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Antiheld Walter (Bryan Cranston) setzt sich über alle Regeln hinweg.

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Der Chemielehrer Walter White (Bryan Cranston) erkrankt an Lungenkrebs, ohne je geraucht zu haben. Er hat einen behinderten Teenagersohn, eine schwangere Frau und einen demütigenden Zweitjob in einer Autowaschanlage. Die Diagnose zwingt ihn, für seine Familie nach seinem Tod vorzusorgen. Das bringt ihn dazu, die Droge Crystal Meth herzustellen. Er beginnt zu dealen.

Mischung aus schwarzem Humor und schrägen Serienfiguren

Freunde von Petra Erdmann mussten die Serie weglegen: "Sie war zu deprimierend." Erdmann leitet die FM4-Filmredaktion und sieht in "Breaking Bad" mehr: "Für mich ist das einer der radikalsten und abgründigsten Serienentwürfe seit langem. Ich wurde als Serienjunkie initiiert mit ,Six Feet Under‘ und sehe dem Markt entsprechend eine Radikalisierung der intelligenten US-Serienformate. Für mich ist die Mischung aus schwarzem Humor und schrägen Serienfiguren spannend. In ,Six Feet Under‘ gab es Figuren, mit denen ich mich identifizieren konnte. Das fällt bei ,Breaking Bad‘ weg. Außerdem spielt Bryan Cranston hervorragend." Crystal Method ist eine richtig harte Droge, im Vergleich zu "Weeds", wo Nancy Botwin noch harmloses Marihuana vercheckt.

"Breaking Bad" ist Südstaatenslang und bedeutet, sich über Regeln hinwegsetzen. Der US-Sender AMC startet am 8. März die zweite Saison. Premiere zeigt die erste ab kommenden Mittwoch. Als Serienvater aus „Malcolm in the Middle" verfügt Cranston über hervorragende Referenzen.

Gesellschaftliche Relevanz

Erdmann fasziniert die Ausführlichkeit der Szenen: "Zum Beispiel, als Walter mit Frau und Sohn Jeans kaufen geht. Der Papa wird um Hilfe gebeten, als der Sohn von Gleichaltrigen gehänselt wird." Schließlich geht der Biedermann mit unbarmherziger Härte auf die Halbwüchsigen los: "Bei Walter White handelt es sich um einen Antihelden. Er ist ein Kleinbürger, der ob einer privaten Katastrophe einen Prozess der Entfremdung durchläuft. Das erinnert an das New Hollywood Kino der Siebzigerjahre, wo es zu Brüchen mit Sehern, Figuren und Charakteren gab. Für mich hat ,Breaking Bad' auch eine gesellschaftliche Relevanz, weil man hier ganz schön die totale Entfremdung des Mittelstands diagnostizieren kann. Das ist meine persönliche Affinität zu dieser Serie: Es wird eine Entfremdung durchlaufen, aber auch für mich als Zuschauer. Insofern hat das noch einmal diese Komponente des Brecht'schen Theaters, wo das mit der Theorie des Verfremdungseffekts auch als Stilmittel eingesetzt wurde, um mich als Zuschauer bewusst zu desillusionieren und abgründig, schwarzhumorig zu unterhalten." (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 3.2.2009/Langfassung)