Zagreb - Die kroatische Regierung hat Vorwürfe, sie verschleppe den Prozess gegen General Ante Gotovina vor dem Haager UNO-Tribunal, energisch zurückgewiesen. "Die kroatische Regierung hat keinen Grund, irgendetwas zu verbergen", sagte Vize-Regierungschefin Jadranka Kosor am Donnerstagabend nach einem Treffen mit dem Haager Chefankläger Serge Brammertz in Zagreb. Der belgische Jurist hatte im Vorfeld des Besuchs gesagt, sein Büro warte seit eineinhalb Jahren auf die Übermittlung kroatischer Armeedokumente, die Gotovina belasten könnten.

"Wir haben alles geschickt, was wir gefunden haben", betonte Kosor nach dem Gespräch mit Brammertz, an dem auch der kroatische Justizminister Ivan Simonovic teilnahm. Es wäre "absurd", wenn die kroatische Regierung jetzt in dieser Frage die Glaubwürdigkeit des Staates aufs Spiel setzen würde, sagte Kosor mit Blick auf mögliche negative Konsequenzen auf die EU-Beitrittsverhandlungen. Die Niederlande erwägen Medienberichten zufolge wegen des Dokumentenstreits ein Veto in den EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien.

Kosor ließ offen, ob möglicherweise doch noch Dokumente ans Haager Tribunal überstellt werden. Was das Innenministerium betreffe, "ist alles sauber". "Es bleibt aber ein Teil, der mit dem Verteidigungsministerium verbunden ist", sagte sie in Anspielung auf die von Brammertz verlangten Unterlagen zum Artilleriebeschuss während der "Operation Sturm" zur Rückeroberung der serbischen Krajina im Jahr 1995. Die Dokumente sollen belegen, dass Gotovina bewusst auf militärisch nicht bedeutende Ziele feuern ließ, um die serbische Zivilbevölkerung zu vertreiben. Der Operation fielen 150 serbische Zivilisten zum Opfer, 150.000 bis 200.000 Serben wurden vertrieben.

Hier gebe es Unterschiede in den Standpunkten der Tribunalsanklage und der kroatischen Regierung, sagte Kosor. "Wir können nur schicken, was wir haben", verneinte sie die Existenz der von Brammertz verlangten Dokumente. Sie hoffe, dass die Tribunalsanklage den kroatischen Angaben Glauben schenken werde. Die Parteifreundin des kroatischen Premiers Ivo Sanader wies darauf hin, dass Kroatien von 790 Anfragen der Tribunalsanklage bisher 788 zu deren Zufriedenheit gelöst habe. Insgesamt seien 19.500 Dokumente mit mehr als 100.000 Seiten übergeben worden. Die Vizeregierungschefin erinnerte auch daran, dass Brammertz' Vorgängerin Carla Del Ponte die Zusammenarbeit Zagrebs mit dem UNO-Tribunal als beispielhaft gelobt habe. (APA)