Ihre Fähigkeit Blut von Fremdstoffen, Krankheitserregern oder Blutgerinnseln zu befreien, hat der Milz den Namen Klär- oder Filteranlage eingebracht

Foto: Standard/Matthias Cremer

Medizinhistoriker finden an der Milz großen Gefallen. Das bohnenförmige Organ spielte nämlich schon in der Antike eine bedeutende Rolle. Im Rahmen der Viersäftelehre galt das Kardinalorgan unter anderem als Quelle des Lachens. Plinius der Ältere betrachtete die Milz als eher störend. Konkret führte er das Seitenstechen beim Laufen auf eine Reizung oder Vergrößerung der Milz zurück, weshalb eine Entfernung zu dieser Zeit empfohlen und teilweise sogar durchgeführt wurde.

Kläranlage und Speicherorgan

Heute weiß man über die Anatomie und Physiologie der Milz besser Bescheid. Als einziges Lymphorgan ist sie unmittelbar in den Blutkreislauf eingeschaltet. 500mal täglich findet so die gesamte Blutmenge des Menschen ihren Weg durch sie hindurch. Ihre Fähigkeit das Blut von Fremdstoffen, Krankheitserregern oder Blutgerinnseln zu befreien, hat ihr den Namen Klär- oder Filteranlage eingebracht. Nebenbei produziert und speichert sie Immunzellen, die an der Abwehr von Infektionen maßgeblich beteiligt sind. Bei ungeborenen Kindern produziert die Milz einen Gutteil des gesamten Blutes. Diese Aufgabe übernimmt nach der Geburt das Knochenmark während die Aktivität der Milz mit zunehmendem Alter kontinuierlich weniger wird. Ist die Blutzellenproduktion im Knochenmark durch eine Krankheit, wie der Leukämie gestört, dann wird die Milz jedoch wieder aktiv.

Gefahr bakterielle Infektion

„Nach einer Splenektomie ist die Immunantwort schwer kompromitiert", erklärt Jörg Köninger, Ärztlicher Leiter der Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie im Katharinenspietal in Stuttgart und will die Milz keinesfalls leichtfertig entfernt wissen. Ein Leben ohne Milz macht den menschlichen Organismus anfällig für bestimmte Bakterien. Pneumokokken und Hämophilus influenzae Bakterien lösen neben Gehirnhaut- und Lungenentzündung, schwere septische Krankheitsbilder aus. Experten sprechen vom OPSI (overwhelming postsplenectomy infection Syndrom). Nicht selten enden diese rasant verlaufenden Infektionen für die splenektomierten Patienten tödlich.

Grund genug, dass nicht nur in Stuttgart die Indikation zur Milzentfernung (Splenektomie) mittlerweile sehr zurückhaltend gestellt wird, während vor wenigen Jahren noch jeder Milzriss nach einem schweren Trauma, mit einer Splenektomie einher ging. Kleinere Blutungen werden heute intensivmedizinisch genau beobachtet. Ist kein selbständiger Blutungsstillstand zu erwarten dann bemühen sich Chirurgen operativ darum, die Milz zu erhalten.

Krankheitsunanfällig

„Die Milz ist ein ganz vitaler Schwamm, der den Menschen in der Regel gesund überdauert. Maximal durchblutet erkrankt sie nicht isoliert wie andere Organe im Sinne einer Schrumpfung oder Verkalkung", weiß Köninger. Ein ganz besonderer Schwamm also, der sich in der Tat wenig anfällig zeigt. Einziges Manko: Aufgrund der Einbindung in den Blutkreislauf ist die Milz an zahlreichen anderen Erkrankungen, infektiöser oder rheumatischer Natur, mitbeteiligt. Typischerweise kommt es dann zu einer Vergrößerung des Organs (Splenomegalie).

Nicht lebensnotwendig, aber unentbehrlich

Bei aller Begeisterung für die herausragenden Eigenschaften dieses Organs, sind sich Schulmediziner in einem Punkt einig: Lebensnotwendig ist die Milz nicht. Genauso wenig wie der vieldiskutierte Wurmfortsatz oder die Mandeln. In Fällen, in denen eine chirurgische Entfernung der Milz also unumgänglich ist, übernimmt ihre vielfältigen Aufgaben weitgehend die Leber, das Lymphsystem und das Knochenmark. Ein Faktum, das der kleinen Kläranlage den Ruf eingebracht hat, entbehrlich zu sein. Darum will Köninger an die postoperative Komplikationen noch einmal erinnern: „Die Gefahr einer schweren bakteriellen Infektion, erhöhte Gerinnungsneigung und Kraftlosigkeit begleitet splenektomierte Menschen für den Rest ihres Lebens". Ob die Milzentfernung einen Risikofaktor für die Entstehung von Tumoren darstellt, darüber wird derzeit noch diskutiert. (phr, DerStandard.at, 10.2.2009)