Natur und Kultur sind die roten Fäden im beruflichen und privaten Leben von Günther Sandner. "Das einschneidende Erlebnis meiner Jugend waren die Friedensdemonstrationen gegen die Nachrüstungsbeschlüsse der Nato 1983 und die Auseinandersetzungen um Hainburg ein Jahr später", erklärt er und schildert, wie er als 16-jähriger Salzburger Gymnasiast voller Engagement in die Auen getrampt ist. Wenn er heute davon spricht, dass ihn der "Paradigmenwechsel von sozialpartnerschaftlicher Problemlösung zu einer neuen sozialen und ökologischen Bewegung politisiert hat", kann man schon auf seinen weiteren Ausbildungsweg schließen: Studium der Politikwissenschaft, zuerst in Kombination mit Germanistik, dann mit Geschichte.
"Mich hat immer interessiert, wie Politik und Wissenschaft mit anderen Feldern, beispielsweise Kultur oder Umweltschutz interagieren", beschreibt der 35-Jährige seine Vorliebe für transdisziplinäre Zugänge, die er bei einem Studienaufenthalt in Berlin vertiefte. Nach seiner Diplomarbeit über "Kunst und Politik" stieg Günther Sandner in die Erwachsenenbildung, danach in die Wissenschaftsvermittlung ein.
Warum er trotz Berufstätigkeit eine Dissertation über "Naturdiskurse der Sozialdemokratien in Deutschland und Österreich" begann, kann er außer mit jenem diffusen Interesse für Natur, das ihn seit seiner Jugend begleitet, selbst nicht genau begründen. Faktum ist aber, dass diese 1996 abgeschlossene Arbeit ihm den Einstieg in die etablierte Wissenschaft ebnete, wo er als Lektor für Politikwissenschaft an der Uni Salzburg und freier Forscher auch heute noch gerne traditionelle Grenzen überschreitet: In einer Lehrveranstaltung über die "Geschichte der ökologischen Krise" etwa konfrontierte er angehende Naturwissenschafter mit ihnen völlig neuen Fragestellungen über Machtarrangements und Abhängigkeiten.
"Das Feedback der Studierenden war sehr positiv", erzählt Sandner. Er ist überzeugt, dass "Grenzen zwischen den Wissenschaften und zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit viel öfter überschritten werden müssen". Genau diese Offenheit schätzt er an seinem Forschungsfeld Cultural Studies.
Kultur und Natur bestimmen auch die Freizeit des heute zwischen Wien und Salzburg pendelnden Forschers: "In Wien genieße ich das reiche kulturelle, vor allem musikalische Angebot." In Salzburg, wo er einmal in der Woche seine Lehrveranstaltung abhält, zieht es ihn - ob zum Skitourengehen oder Bergsteigen - in die Natur.
Bezüglich der Zukunft der Cultural Studies ist Sandner skeptisch: "Die Frage nach dem unmittelbaren Nutzen von Wissenschaft trifft die Geistes- und Kulturwissenschaften härter als andere Disziplinen." Und als Politikwissenschafter fügt er hinzu: "Wissenschaftspolitik wird heute bestimmt vom Streben nach Effizienz und Ökonomisierung. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorstellen zu können, welche Lehrangebote nach diesen Kriterien eingespart werden." (Elke Ziegler/ DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9. 3. 2003)