Ramallah/Gaza/Jerusalem - Der palästinensische Präsident Yasser Arafat hat Israel beschuldigt, der "Hauptkriegstreiber" für einen Krieg gegen den Irak zu sein. Israel wolle die gegenwärtige weltpolitische Lage ausnutzen, um den Palästinensern zu schaden, sagte Arafat am Samstag vor dem Zentralrat der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in Ramallah. Die Eskalation der Gewalt hat mit der "gezielten Tötung" des 48-jährigen Hamas-Führers Ibrahim Makadma durch Israel eine neue Stufe erreicht. Die Führung der radikalen Hamas-Bewegung drohte mit Attentaten gegen israelische Spitzenpolitiker. Alle israelischen Führer seien jetzt ein Ziel für die Hamas und deren bewaffneten Arm "Brigaden Ezzedin el Kassam", erklärte Hamas-Sprecher Abdelaziz Rantisi in Gaza.

Der Raketenangriff auf Makadma, bei dem am Morgen in Gaza drei weitere Hamas-Aktivisten getötet wurden, überschattete die Sitzung des PLO-Zentralrates, auf der Arafat seinen Stellvertreter Mahmud Abbas (Abu Mazen) für den neu zu schaffenden Posten des Ministerpräsidenten vorschlug. In seiner Rede richtete Arafat einen eindringlichen Appell an den 68-jährigen Abu Mazen, das Amt zu akzeptieren. Zu den Delegierten sagte Arafat, er "beschwöre" sie, für seinen Vorschlag zu stimmen. Am Montag soll der Legislativrat, das palästinensische Parlament Abu Mazen bestätigen.

Von USA erzwungen

Die Einsetzung eines Premierministers wurde durch die USA erzwungen, die ihre Unterstützung für einen Palästinenserstaat von einem politischen Führungswechsel abhängig machen. Israels Regierungschef Ariel Sharon lehnt Arafat als Verhandlungspartner kategorisch ab. Abu Mazen hatte sich am 24. Februar für eine einjährige "Entmilitarisierung der Intifada" ausgesprochen. Ein vorläufiger einseitiger palästinensischer Gewaltverzicht würde der Welt vor Augen führen, "dass Sharon der Aggressor ist."

In einem am Samstag von der arabischen Tageszeitung "Asharq al Awsat" veröffentlichten Interview betonte Abu Mazen, er sei nur dann bereit, das neue Amt zu übernehmen, wenn es mit "realen" Machtbefugnissen und Richtlinienkompetenzen ausgestattet werde. Es obliege jetzt dem Zentralrat der Palästinensischen Befreiungsorganisation und dem Parlament, die Aufgaben und Zuständigkeiten des Ministerpräsidenten festzulegen.

Aus der Umgebung von Abu Mazen verlautete, ein Treffen mit Arafat am Freitagabend habe nicht alle strittigen Fragen der künftigen Machtverteilung regeln können. In seiner Ansprache vor dem PLO-Zentralrat erklärte Präsident Arafat, die israelische Besatzungspolitik stehe nicht nur dem Frieden, sondern auch einer Reform der palästinensischen Institutionen im Wege. Die palästinensischen Wahlen, die im Jänner im Westjordanland und Gaza-Streifen stattfinden sollten, konnten wegen der Wiederbesetzung durch die israelische Armee nicht durchgeführt werden.

Offene Kritik an der Schaffung des Amts eines Ministerpräsidenten übte der Leiter der Politischen Abteilung der PLO, Faruk Kaddumi, in einem Interview mit der arabischen Tageszeitung "Al Hayat ". Bei dieser von den USA geforderten Maßnahme handle es sich in Wahrheit um ein Ablenkungsmanöver, mit dem der Eindruck erweckt werden solle, das Problem sei die Reform der palästinensischen Institutionen und nicht die israelische Okkupation.

Der Nahost-Sondergesandte der UNO, Terje Roed-Larsen, begrüßte die Nominierung von Abu Mazen am Samstag ausdrücklich. Nach der Debatte des PLO-Zentralrats, zu der auch zahlreiche ausländische diplomatische Repräsentanten erschienen waren, sagte Roed-Larsen, er begrüße die Entscheidung, da Mahmud Abbas "eine glaubwürdige Figur nicht nur unter den Palästinensern, sondern auch international" sei. (APA/dpa/AP)