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Nicole Hosp wurde am Dienstagabend erstmals jenes Berges ansichtig, auf dem sie ihren Titel im Riesenslalom verteidigen will.

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"Was ist denn hier los? Kommt Brad Pitt?" Die Dame, die das frug, war etwas verblüfft über TV-Kameras und Fotoapparate, die vor dem Grand Paradis, dem WM-Quartier der Österreicherinnen und Österreicher, im Schneesturm harrten. Brad Pitt kam nicht.

Aber dafür tauchte die Niki auf, wie sie zu Nicole Hosp sagen, die mindestens bis heute, Donnerstag, amtierende Weltmeisterin im Riesentorlauf. Hans Hosp hatte sie herauf nach Val d'Isère chauffiert. Der Papa packte den Weg von Bichlbach im Außerfern mit dem Auto, während die Niki die Schweiz von Innsbruck weg mit dem Flieger überbrückte und erst in Genf zustieg. Langes Sitzen tut dem Knie nicht gut. "Ich bin ausgeruht, voller Kraft, Elan und Motivation. Beim Freifahren hab ich gemerkt, dass ich vom Gefühl her überhaupt nichts verloren habe in diesen fünf Wochen, und zwischen den Stangen war es das Gleiche" , sagte Nicole Hosp, die auf der Ehrwalder Alm zu dieser Erkenntnis gelangt war, ehe sie sich über die Suppe hermachte. Am 4. Jänner war bei einem Sturz beim Einfahren in Zagreb im linken Knie das Innenband gerissen und das Kreuzband eingerissen.

"Ausschließen" , meint Hosp,die Gesamtweltcup-Siegerin 2006/07, "tu ich gar nichts. Aber die Favoritinnen sind andere." Kathrin Zettel zum Beispiel, die Kombi-Weltmeisterin, oder Elisabeth Görgl, die Dritte, und viele mehr. Lindsey Vonn, Weltmeisterin in Abfahrt und Super-G, kann nach dem Malheur mit der Champagnerflasche im Riesenslalom nicht mitwirken, auch der Slalom am Samstag ist fraglich. Zu groß sind die Schmerzen im rechten Daumen mit der zerschnittenen und mittlerweile operierten Beugesehne.

Das größte Griss in der weiblichen Abteilung des Skizirkus herrscht freilich derzeit um Lara Gut. Auch Hans Hosp hatte einst mit der kleinen Niki trainiert, doch die Guts stehen in direkter Nachfolge der Girardellis und der Kostelics. Oder der Jukics, um den Aggregatzustand zu wechseln und ins Bad zu gehen.

Versilbertes Juwel

"Das Juwel am Alpin-Himmel" , wie die Sport Information Zürich die 17-jährige Tessinerin nennt, hat in Val d'Isère schon Silber in der Abfahrt und in der Kombi geholt. Gestern war sie zwar etwas unpässlich - aus dem Schweizer Lager verlautete, dass sie an einer Magen-Darm-Grippe leidet -, aber den Riesenslalom beherrscht sie prinzipiell auch. Und die WM-Pisten kennt sie trotz ihrer Jugend wie kaum eine andere, schließlich kurvte sie schon mit drei die Face de Bellevarde hinab.

Lara Gut wurde von Papa Pauli systematisch aufgebaut. Im Vorjahr gründete er ein siebenköpfiges Team für die Tochter, die im Winter mit der Schweizer Mannschaft unterwegs ist, aber im Sommer ihre eigenen Wege geht. Herr Gut, früher Lehrer, ist nun hauptberuflich Teammanager für die Tochter, stellte das Jahresbudget von rund 300.000 Euro auf, Mama Gabriella arbeitetet noch halbtags als Lehrerin und hilft mit, dazu kümmern sich Trainer Mauro Pini, der früher die erfolgreiche Spanierin Maria José Rienda coachte, ein Konditrainer, ein Osteopath und ein Servicemann um Lara.
Ihren ersten internationalen Auftritt hatte sie bei der Junioren-WM 2007 in Zauchensee, als sie Abfahrtssilber gewann. Hinter Tina Weirather, der Tochter von Hanni Wenzel und Harti Weirather, die sich im Vorjahr eine schwere Knieverletzung zuzog. Im selben Jahr mischt sie bei den Meisterschaften die Schweizer Riesenslalom-Elite auf.

Versierte Klassenbeste

Zu Jahresende gab sie ihr Weltcup-Debüt. Anfang 2008 wagte sie sich in St. Moritz auf ihre erste Weltcup-Abfahrt, stürzte ins Ziel, wurde dennoch Dritte. Ebendort gewann sie im Dezember ihr erstes Weltcup-Rennen, einen Super-G. Sie ist die Jüngste, der Derartiges gelang. Das Jahr an der Sportschule Tessin beendete sie, die Deutsch, Italienisch, Französisch, Englisch und Spanisch spricht, als Klassenbeste. Per Laptop. Sie habe etwas Zickenhaftes, sagen Schweizer Kollegen. "Seid froh, dass ihr mich habt" , sagt Gut. (Benno Zelsacher, DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 12. Februar 2009)