Salzburg - Die große Liebe, das große Geld, das große Verbrechen: Wie ein Kriminalroman liest sich die Anklageschrift eines Strafprozesses, der am Donnerstag in Salzburg begann. Im Visier der Staatsanwaltschaft: eine 55-jährige gebürtige Ostdeutsche, die sich als "Baronin" ausgab. In den 1980er-Jahren war sie Stasi-Spitzel in der DDR. Jetzt muss sie sich wegen schweren Betrugs, schweren Diebstahls und Urkundenfälschung verantworten. In Deutschland wird gegen sie gar wegen Mordes ermittelt. Denn vom mutmaßlichen Betrugsopfer, dem pensionierten Wiener Juwelier Friedrich H., fehlt seit August 2007 jede Spur.

Der vermögende 67-Jährige, der sich in einer Villa in Zell am See zur Ruhe gesetzt hatte, war nach dem Tod seiner Frau 2006 auf der Suche nach einer Lebenspartnerin. Über das Internet kam er in Kontakt mit der damals noch verheirateten "Baronin". Zuerst per E-Mail, später per Telefon wurden Liebesschwüre ausgetauscht, im Frühjahr 2007 besuchte ihn die Frau mehrmals in Zell am See.

Im Sommer plante die "Baronin" mit H. eine mehrwöchige "Überraschungsreise" nach Südafrika. Vor dem Abflug brachte sie ihren Freund dazu, ihr eine Generalvollmacht über sein Vermögen, Blankounterschriften, die Schlüssel für sein Auto und den Tresor in der Villa samt Zahlenkombinationen zu überlassen. Am 11. August 2008 trafen H. und die "Baronin" in Johannesburg ein - seither wurde der pensionierte Juwelier nie wieder gesehen.

Schmuck weg, Konten leer

Schon drei Tage später tauchte die Deutsche in der Villa in Zell am See auf und soll damit begonnen haben, "Unmengen von Gegenständen" im Gesamtwert von 564.000 Euro mit dem Auto in ihren Wohnort im Norden Bayerns zu verfrachten, sagt die Staatsanwältin, darunter Schmuck, wertvolle Gemälde und Uhren. Die Blankounterschriften soll sie genutzt haben, um H.s Konten leerzuräumen. Insgesamt habe sie den verschollenen Pensionisten um 835.000 Euro geschädigt.

Die Geschichte sei "filmreif", sagte auch der Verteidiger der Frau beim Prozessauftakt am Freitag. Ob das alles gegen den Willen von H. geschehen sei, könne letztlich aber nur er selbst aufklären. Auch dass in den Medien Details über die Stasi-Vergangenheit der Angeklagten aufgetaucht waren, stößt der Verteidigung sauer auf.

Die "Baronin" selbst - sie bekannte sich nicht schuldig und verweigerte jede Aussage - konnte am Freitag nichts zur Aufklärung beitragen: Wegen Kreislaufproblemen der Angeklagten musste die Verhandlung am Vormittag zweimal unterbrochen werden. Am Nachmittag waren Sachverständige und Zeugen am Wort, ein Urteil ist frühestens am 6. März zu erwarten. (Markus Peherstorfer/DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.2.2009)