Wien - In Filmen und Computerspielen müssen die Spezialeinheiten praktisch nichts mehr selbst unternehmen - die Technik erledigt alles für sie. Mittels Wärmebildkameras kann erkannt werden, in welchen Räumen sich welche Personen aufhalten, auf Knopfdruck präsentieren dreidimensionale Computermodelle den besten Weg in das Zielobjekt und wieder hinaus.

Die Wahrheit ist viel profaner. Hartes Training, gute taktische Schulung und gelegentlich auch Glück führen zu erfolgreichen Einsätzen wie jener des Einsatzkommandos (EKO)Cobra am Donnerstagmorgen in Sankt Marein.

Sogenannte Geisellagen sind für die Truppe fixer Bestandteil der Ausbildung. Im Alltag sind sie seltener. Sieben Fälle gab es im Vorjahr in ganz Österreich. Vorgegangen wird dann planmäßig. Zunächst wird auf Verhandlung gesetzt - man versucht Kontakt mit dem Täter zu bekommen, speziell geschulte Teams kommunizieren dann mit ihm. Dabei versucht man nicht nur seine Forderungen herauszufinden, sondern auch Hinweise auf die Gemütslage des Verdächtigen zu erlangen.

So schnell wie möglich trachtet die Sondereinheit danach, an die Pläne des Gebäudes zu kommen - außerhalb der Städte sind diese meist im Gemeindeamt gelagert. Unauffällig wird dann versucht, sich von der realen Situation des Gebäudes ein Bild zu machen. Gibt es zusätzliche Türen oder Fenster oder fehlen diese, beispielsweise. Unter Umständen, wie im aktuellen Fall in einem Mehrparteienhaus, schleichen sich Fahnder auch in das Zielobjekt, um genauere Informationen zu erlangen.

Vor Ort müssen rasch Einsatzpläne entwickelt werden - mögliche Zutrittsorte, Gefahren für Geiseln, Beamte und Verdächtige abgewogen werden. Ist die Entscheidung für einen Plan gefallen, werden die entscheidenden Schritte in der Einsatzzentrale am Ort des Geschehens im Trockentraining durchexerziert. Kommt der Befehl zum Zugriff, ist für gewöhnlich alles innerhalb von Minuten vorbei. Dass eine Aktion, wie am Donnerstag, knapp zehn Minuten dauert, ist ungewöhnlich lange.
Das harte Training zahlt sich offensichtlich aus. Tote und Verletzte sind bei Einsätzen die absolute Ausnahme, auch bei der Festnahme der Verdächtigen wird soweit möglich auf den Einsatz von Waffengewalt verzichtet.

EKOheißt die Cobra übrigens erst seit 2001, als fast zwei Dutzend Spezialeinheiten zusammengelegt worden sind. Gegründet wurde die Spezialeinheit im Jahr 1978 noch als GEK - als Gendarmerieeinsatzkommando. Da unter Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) bei der Exekutivreform die Gendarmerie zu Grabe getragen wurde, änderte sich auch der Cobraname. (moe, DER STANDARD - Printausgabe, 20. Februar 2009)