Paris/Wien - In der europäischen Bankenlandschaft bahnt sich die erste Megafusion des Jahres an. Die französischen Sparkassen und Volksbanken wollen am Donnerstag in Paris ihren Zusammenschluss zum zweitgrößten Institut des Landes bekannt geben.

Treibende Kraft ist Präsident Nicolas Sarkozy, der angeblich einen seiner engsten Mitarbeiter zum Chef des neuen Finanzkonzerns machen will. Die französischen Sparkassen und Volksbanken haben zusammen rund 36,4 Millionen Kunden, das gemeinsame Geschäftsnetz würde 8100 Filialen zählen. Zusammen beschäftigen die Häuser mehr als 95.000 Mitarbeiter. Größer ist in Frankreich nur der Credit Agricole-Konzern. Diese Bank kommt auf 44 Millionen Kunden und 11.000 Filialen.

Keine Liebeshochzeit

Ganz freiwillig kommt die Hochzeit der französischen Traditionsinstitute zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht. Sarkozy machte in den vergangenen Tagen Druck, um die lange geplante Fusion endlich unter Dach und Fach zu bringen.

Die Finanzkrise hat beiden Finanzhäusern heftig zugesetzt. Sowohl die 1818 gegründete Sparkasse (Caisse d'Epargne) als auch die 1878 gegründete Volksbank (Banque Populaire) sollen im vergangenen Jahr in die roten Zahlen gerutscht sein. Bei den Caisses d'Epargne wird mit einem Verlust von zwei Milliarden Euro gerechnet, bei den Banques Populaires sind es immerhin 300 Mio. Euro. Der französische Staat stellt beiden Instituten großzügige Eigenkapitalhilfen zur Verfügung. Zwei Mrd. Euro flossen bereits, weitere zweieinhalb sollen bald folgen.

Vor allem die Entwicklung bei den Sparkassen dürfte Sarkozy bewegt haben, aufs Tempo zu drücken. Die Institute mit dem weißen, mit wenigen Strichen gezeichneten Eichhörnchen im Logo gelten als Nationalsymbol. Ein Großteil der Franzosen hortet dort die Ersparnisse, eine Vertrauenskrise soll daher um jeden Preis vermieden werden. Im beinharten Wettbewerb steht das Institut nicht gut da. Als Kreditgeber gilt es als unerfahren, zum 1. Jänner verlor es zudem das exklusive Recht, das beliebte steuerbefreite Sparbuch "Livre A" auszugeben. Seit Anfang des Jahres dürfen auch Privatbanken das Produkt vertreiben. Ein harter Schlag für die Sparkassen. Fünf Millionen Konten wurden bereits bei der neuen Konkurrenz eröffnet.

Für das Zusammengehen der beiden Institute spricht neben der verbesserten Eigenkapitalsituation, die günstige Kredite garantiert, der unterschiedliche Kundenstamm. Während an die Sparkassen-Schalter vor allem Privatkunden kommen, sind die Volksbanken bei mittelständischen Unternehmen und im Handwerk beliebt. Einsparpotenzial erhofft man sich unter anderem bei der Entwicklung von gemeinsamen Finanzprodukten. Eine Fusion von Filialen und eine neue Marke sollen zunächst nicht geplant sein.

Gemeinsame Erfahrungen - wenn auch zuletzt keine guten - haben die Caisses d'Epargne und die Banques Populaires bereits im Investmentgeschäft gemacht, das sie bereits 2006 in der Tochter Natixis zusammengelegt hatten. Wegen des hohen Engagements von Natixis bei faulen amerikanischen Immobiliendarlehen mussten sie bereits erheblich Kapital nachschießen.

Kooperation mit ÖVAG

Als heißer Kandidat für den Chefposten im neuen Finanzkonzern gilt Francois Perol, ein enger Mitarbeiter Sarkozys und früherer Top-Manager der Investmentbank Rothschild. Oppositionspolitiker schimpfen bereits, das es illegal sei, wenn sich der Staatschef über einen Freund strategischen Einfluss im Finanzsektor sichere.

Die französische Volksbankengruppe arbeitet in Osteuropa eng mit der Österreichischen Volksbank AG (ÖVAG) zusammen. Die französische Banque Federale der Banques Populaires ist Minderheitsaktionär der ÖVAG-Osttochter Volksbank International (VBI). Abzuwarten bleibt, ob das Zusammengehen der beiden Banken eine Welle weiterer Fusionen auslösen wird. (APA, dpa, DER STANDARD, Printausgabe, 24.2.2009)