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Kaing Guek Eav alias Deuch ist geständig und will gegen seine Mitangeklagten aussagen.

Foto: AP/Mak Remissa

Phnom Penh - Im ersten Prozess zur Aufarbeitung des steinzeitkommunistischen Regimes unter Pol Pot in Kambodscha ist am Montag die Anklageschrift gegen den Chef-Folterer der Roten Khmer verlesen worden. Er sei mit den Vorwürfen - Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Folter und Mord - schon konfrontiert worden, sagte Kaing Guek Eav alias Duch (Deuch/sprich: Doik) vor einem Sondertribunal in Phnom Penh. Sein Anwalt kündigte im Laufe der Woche eine Aussage seines 66-jährigen Mandanten an.

Der ehemalige Leiter des berüchtigten Gefängnisses Tuol Sleng (S21), in dem während der Herrschaft von Pol Pot zwischen 1975 und 1979 rund 15.000 Männer, Frauen und Kinder gefoltert oder hingerichtet wurden, begrüßte das Gericht nach kambodschanischem Brauch mit aneinandergelegten Händen und beantwortete die Fragen zu seiner Person. Vor seiner Verhaftung im Jahr 1999 habe er als Lehrer gearbeitet, sagte der Mathematiker.

Worte an die Opfer-Angehörigen

Duchs französischer Verteidiger Francois Roux sagte, sein Mandant werde die Gelegenheit zu einer Aussage nutzen und sich dabei auch an die Angehörigen der Opfer wenden. Der Angeklagte, der drei Jahre vor seiner Festnahme zum Christentum übertrat, hatte bereits vor dem Prozess eine Mitverantwortung eingestanden, aber betont, dass er nicht selbst Hand angelegt habe. Ihm droht eine lebenslange Haft. Die Todesstrafe darf das Sondertribunal nicht verhängen. Der Prozess hatte offiziell bereits am 17. Februar begonnen, damals waren aber nur Verfahrensfragen erörtert worden.

"Ich habe so lange auf diesen Moment gewartet", sagte Om Chantha, deren Mann unter dem Pol-Pot-Regime umkam. "Ich bin so glücklich, dass Duch nun vor Gericht steht und wir Gerechtigkeit bekommen." Zahlreiche Betroffene standen Schlange vor den Toren des Gerichts, um ihren Peiniger auf der Anklagebank wieder zu sehen. Der Zuschauerraum war mit schussfestem Glas abgeschirmt, um Racheakte zu verhindern. Po Sarun, der während der Schreckensherrschaft zehn Angehörige verlor, sagte, er hoffe, dass Duch die Wahrheit über die Roten Khmer sage. "Lasst das Gericht entscheiden, ob ihm vergeben wird."

Vier weitere Angeklagte

Nach Duch, dessen Prozess mehrere Monate dauern dürfte, müssen sich vier weitere Schlüsselfiguren der Roten Khmer vor dem Sondertribunal verantworten: der Chefideologe des Regimes, der heute 82-jährige Nuon Chea, Kambodschas früherer Staatschef, der heute 78-jährige Khieu Samphan, der 83-jährige ehemalige Außenminister Ieng Sary, sowie dessen Frau, die ehemalige "First Lady" und frühere Sozialministerin, Ieng Thirith, heute 76 Jahre alt.

Während der Schreckensherrschaft von Pol Pot, der 1998 starb, kamen in Kambodscha etwa zwei Millionen Menschen ums Leben, das entspricht einem Viertel der damaligen Bevölkerung. Sie starben an Hunger, Erschöpfung und in Gefängnissen oder wurden auf den sogenannten "Killing Fields" hingerichtet, um die Utopie Pol Pots von einem Bauernstaat zu verwirklichen. 1979 wurden die Roten Khmer mit Hilfe vietnamesischer Truppen vertrieben. Das Land stürzte danach in einen langjährigen Bürgerkrieg.

"Vernichtung der Feinde"

Die Anklageschrift wirft Duch im Konkreten vor, aus den Insassen unter furchtbarer Folter das Geständnis "konterrevolutionärer Aktivitäten" herausgepresst zu haben. Gefangene seien mit Schlägen, Elektroschocks, dem Ausreißen von Fuß- und Zehennägeln, dem Überziehen von Plastiktüten und anderen grausamen Praktiken gefügig gemacht worden. Die anschließende Hinrichtung der Insassen war laut Anklage von vornherein beschlossene Sache. Mehrere Zeugen hatten den Ermittlungsrichtern gesagt, Duch habe Folter ausdrücklich angeordnet und teilweise persönlich überwacht. Aufgabe von S21 sei die "Vernichtung der Feinde" gewesen. (APA/AFP/AP/Reuters)