Viel Licht, Luft und Ruhe: Norwegische Architekten läuten im altehrwürdigen Kurort Bad Gleichenberg eine neue Ära ein. Krankheitsprävention mit Luxus-Kuren auf medizinisch hohem Niveau.

Foto: Jansen&Skodvin

Bad Gleichenberg - Jede Lebensphase hat ihre Prioritäten. Teenager suchen sich selbst, Twens leben, wie es ihnen gefällt, die meisten von ihnen gesundheitlich sorglos, weil jugendliche Körper jedwede Strapazen schnell wegstecken.

Rein biologisch betrachtet ist die Blütezeit des Menschen ab 30 allerdings vorbei. Und deshalb ist es kein Zufall, dass die kleinen Wehwehchen justament in diesem Lebensabschnitt Einzug halten. Rückenschmerzen, Gastritis, Übergewicht? "Life Medicine Resort. Das Kurhotel Bad Gleichenberg. Sie sprechen mit der Rezeption. Was kann ich für Sie tun?", hören all jene, die ihrem Körper eine Generalüberholung gönnen wollen, im Alltag keine Zeit dafür finden und sich den Luxus ausführlicher ärztlicher Beratung leisten können und wollen.
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Professionelle Medizin im schönen Ambiente

Das Life Medicine Resort in Bad Gleichenberg ist zwar bescheiden als Kurhaus tituliert, präsentiert sich aber wie ein Designhotel. "Einzigartig ist die Kombination aus Wohlfühlen und Medizin", erklärt Martin Trinker, ärztlicher Leiter und meint einerseits die Anbindung des Hauses an das drei Minuten entfernte Klinikum Bad Gleichenberg, in dem Diagnostik auf Universitätsniveau verfügbar ist, andererseits das unmittelbar angeschlossene Therapiezentrum, in dem von Aqua-Gymnastik bis zur Kältekammer Therapien für Rheuma, Atemwegserkrankungen und Neurodermitis durchgeführt werden.

Im Vorfeld zu buchen sind Packages. Auch eine reine Gesundenuntersuchung ist im beschaulichen Bad Gleichenberg, in das Menschen seit 175 Jahren wegen des milden Klimas und der SoleQuellen kommen, möglich. Die Ortschaft hat schon einmal bessere Zeiten gesehen. Hotels aus der Kaiserzeit stehen leer, das "Kurkaufcentrum" im Ort ist wie ein Ausflug in die 60er-Jahre. Wer allerdings Richtung Kurpark marschiert, kann Bad Gleichenberg in seiner Variante fürs 21. Jahrhundert entdecken. Hier hat das norwegische Architektenduo Jensen & Skodvin das in Glas und Holz mäandernde Kurhotel gebaut, das sich von den kleinen Häusern im Umkreis recht dominant abhebt. 62 Millionen Euro hat eine Investorengruppe rund um den Gesundheitsökonomen Christian Köck investiert, "hier ist eine Vision von Gesundheit materialisiert", sagt er.

Und die sieht wie folgt aus:

Wer ankommt, gibt seinen Autoschlüssel beim Portier ab und sieht seinen Wagen bis zur Abfahrt nicht mehr wieder. Das Personal trägt - so wie in schicken Großstadthotels - braune Anzüge im Mao-Look. Das passt zum geschmackvollen Understatement der Inneneinrichtung, das die 50er-Jahre neu interpretiert.

Zudem herrscht das Gebot von Serviceorientierung: Doris Gaigg managt den Aufenthalt als persönliche Betreuerin. Das gibt ein Gefühl ungewohnter Privilegiertheit:

Sie macht Arzttermine aus, bucht Untersuchungen im Spital, bringt Gäste auch mit dem Auto dorthin, empfiehlt Massagen, plant Fitness-Programme und checkt sogar essenstechnische Wünsche mit dem Restaurant.

Diagnosestraße

Und am nächsten Morgen geht's ans Eingemachte: das erste Diagnosegespräch, die Blutprobe auf nüchternen Magen, nach dem Frühstück geht der Dia-gnose-Parcours im Spital weiter: EKG und Lungenfunktion sind das Mindeste, Gäste aus dem Life Resort müssen nirgendwo warten. Trinker als Primar ist stolz, dass man dieses Premium-Service in einem Spital, das lange Zeit der Bauernkrankenkasse gehörte, anbieten kann. "Diagnosestraße" ist der Fachterminus dafür, dass hier jede Röntgen-, Ultraschall- oder endoskopische Untersuchung abgewickelt werden kann, nur zur Computertomografie muss überwiesen werden.
Auf Herz und Nieren

Sicherlich beeindruckend für jeden, der endlich einmal Zusammenhänge seines Körpers ver- stehen will, ist das an die Diagnostik anschließende Arztgespräch. Trinker beantwortet noch so absurde Fragen, interpretiert jeden Zacken auf dem EKG, erklärt die Blutsenkung, fragt aber auch nach: Medikamente? Lebensgewohnheiten? Laster? Es ist nicht schwer, ihm die Wahrheit zu sagen. "Unlängst bin ich mit einem Gast summa summarum sechs Stunden zusammengesessen", erzählt er, das sei aber eher die Ausnahme. Der nächste Schritt: Kurzfristig wird ein Programm bzw. eine Therapie für den Aufenthalt geplant, mittelfristige Maßnahmen vorgeschlagen und Ziele definiert - etwa zum Muskelaufbau, zum Abnehmen, zur Medikamentenreduktion. Eines ist sicher: Wer nach diesem Arztgespräch ins Hotelzimmer zurückkommt, hat das Gefühl, sich selbst auch innerlich kennengelernt zu haben. Und weil Ziele hier nicht nur definiert werden, wird am nächsten Tag auch gleich mit der Umsetzung begonnen.

Natürlich unter Anleitung: Physiotherapeuten machen Wassergymnastik, Fitness-Experten Bewegungsanalysen - anschließend wird ein maßgeschneidertes Programm erstellt.

Das Fazit

Viel Zeit bleibt einem in der Woche nicht, denn "die meisten Gäste schätzen natürlich auch passive Therapien", scherzt Trinker und meint autogenes Training, aber auch Thermal-Bäder im Outdoor-Pool mit Sprudeldüsen, Kneipp-Kuren, Sauna, Dampfbad und verschiedene Massagen. Apropos: Wer bei Sinisa Maglaic eine Ölmassage nach Dorn-Breuss bucht, kommt vielleicht auch allein deshalb bald wieder.

Fast ist es so, als ob den Gästen hier bei all dem Programm die Zeit für Nordic Walking, Joggen oder Biken knapp würde. Das wäre schade, denn im morbiden Bad Gleichenberg wird der Wille zur eigenen Revitalisierung angeheizt. Und im besten Fall kommen Gäste generalsaniert aus der Oststeiermark zurück.

Viel Licht, Luft und Ruhe: Norwegische Architekten läuten im altehrwürdigen Kurort Bad Gleichenberg eine neue Ära ein. Krankheitsprävention mit Luxuskuren auf medizinisch hohem Niveau. (Karin Pollack, DER STANDARD Printausgabe, 02.03.2009)