Sieben Frauen, sieben Lebensgeschichten aus Wien, New York und Israel, die alle in Österreich zusammenlaufen. Was die Frauen verbindet, ist das Judentum, in das sie hineingeboren wurden oder für das sie sich bewusst entschieden haben. Das ihre Existenz, ihren Alltag bestimmt und stützt - aber auch beeinflusst und hemmt, weil die religiösen Gebote und Traditionen zu einem modernen Leben oft in Widerspruch stehen.

Da ist etwa Eva, Tochter von Desirée. Sie will Daniel heiraten und es soll eine große, jüdische Hochzeit werden. Eine "perfektes Fest", gefolgt von einem "perfekten Leben", wie Alexia Weiss in ihrem Debütroman ironisch schreibt.

Da ist die Jüdin Ruth, die bei einer Party in Wien den Nichtjuden Andreas kennen- und liebenlernt. Doch die Beziehung überfordert seine und ihre Eltern, Denk- und Gefühlsgrenzen, die vorher nicht erkennbar waren, tauchen auf: Antisemitische Anwürfe bei den einen, Vorwürfe, dass der Schwiegersohn kein Jude ist, bei den anderen - bis Ruth die Konsequenzen zieht: "Es ist mein Leben und meine Entscheidung!" , brüllt sie ihre Mutter am Telefon an.

Da ist Jennifer, die laut Halacha - dem rechtlichen Teil der jüdischen Überlieferung - keine Jüdin ist, weil ihr Vater, nicht aber ihre Mutter dieser Religion angehört; im umgekehrten Fall wäre die Eintragung in der Kultusgemeinde eine reine Formalität. Jennifers Freund will, dass ihre gemeinsamen Kinder als Juden zur Welt kommen, also soll sie konvertieren. Doch sie hat Zweifel, ob sie die tiefgreifenden Lebensveränderungen durch die Befolgung orthodoxer Regeln auf sich nehmen kann. Vor allem das Arbeitsverbot am Schabbat kommt der werdenden Kinderärztin uneinhaltbar vor.

Auf Identitätssuche

Ob die von alters her überlieferten Regeln allein den Kern des Judentums ausmachen - oder ob jüdische Identität heutzutage nicht auch in Mitteleuropa anders definiert werden könnte -, ist eine der Fragen, die Weiss in ihrem Buch zum Thema macht. Dass die Wiener Journalistin, die mit 18 Jahren erfuhr, dass ihre Mutter Jüdin ist und zehn Jahre später Mitglied der Kultusgemeinde wurde, die Handlung in einem vitalen und vielfältigen Wiener jüdischen Gemeinwesen ansiedelt, macht das Besondere und Erstmalige ihrer Herangehensweise aus.

Was hier - in klarer Sprache und spannend aufgebaut - geschildert wird, ist jüdischer Frauenalltag im heutigen Wien. Auch Claudia, die begeisterte Konvertitin zum ultra-orthodoxen Judentum, und Jekaterina, die strenggläubige Russin, die in ihrer Ehe an emotionaler Sprachlosigkeit leidet, gehören dazu.

Die Shoah mit all ihren traumatisierenden Folgen steht nicht im Mittelpunkt, was aber keineswegs heißt, dass die Geschichte ausgeblendet wird. Etwa in der Person der über 80-jährigen Hanni, die vor den Nazis in die USA flüchten musste und zur Hochzeit ihres Enkels Daniel (der Eva heiraten will) nach Wien reist. Mit religiösen Ritualen hat Hanni nicht viel am Hut. Aber Hashem - wie gläubige Juden Gott bezeichnen - hält auch für sie sein Lasso bereit. (Irene Brickner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 28.02/01.03.2008)