Bissau/Lissabon - Zwei internationale Organisationen haben die Entsendung von Missionen in das krisengeschüttelte Guinea-Bissau angekündigt. Im westafrikanischen Kleinstaat waren in der Nacht zum Montag zunächst Armee-Chef Tagme Na Wai und dann Präsident Joao Bernardo Vieira getötet worden. Wie die Regierung von Portugal in Lissabon mitteilte, machte sich eine Delegation der Gemeinschaft Portugiesischsprachiger Staaten (CPLP) schon am Montagabend auf den Weg nach Bissau. Auch eine Mission der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) werde am Dienstag die Krise vor Ort analysieren, gab die ECOWAS in Nigerias Hauptstadt Abuja bekannt.

In Guinea-Bissau sei die Demokratie ermordet worden, klagte ECOWAS-Präsident Mohammed Ibn Chambas, der zusammen mit fünf Außenministern nach Bissau reisen will. Man wolle sich mit Vertretern aller im Konflikt verwickelten Parteien treffen, um "das Vertrauen wiederherzustellen" und "die Rückkehr des Landes zur verfassungsmäßigen Normalität" zu ermöglichen, sagte Ibn Chambas.

Bildung einer Kommission

Die Zivilregierung von Ministerpräsident Carlos Gomes Junior kündigte unterdessen die Bildung einer Kommission zur Untersuchung der zwei Morde an. Gomes Junior galt als politischer Rivale von Staatschef Vieira. Die Militärführung habe ihm zugesichert, dass der Mord an den 69-jährigen Vieira kein Militärputsch bedeute, sagte der Premier dem senegalesischen Radiosender RFM. Bissau schloss bis auf weiteres und ohne Angaben von Gründen alle Grenzen.

Der Ex-Guerilleiro Vieira sei von "einer Gruppe noch nicht identifizierter Bürger" in seinem Haus erschossen worden, hieß es in einem Kommunique des Generalstabs. Medien sprachen von einer "Vergeltungsaktion" von Soldaten, die dem zuvor bei einem Bombenanschlag ermordeten Armeechef Na Wai nahestanden. Die frühere Kolonialmacht Portugal verurteilte die beiden Mordanschläge ebenso wie die Europäische Union scharf.

Lage ruhig

Einen Tag nach der Ermordung des Präsidenten ist offenbar wieder Ruhe in dem westafrikanischen Land eingekehrt. Die Geschäfte waren am Dienstag geöffnet, auf den Straßen fuhren Taxis umher. Laut Verfassung muss jetzt binnen zwei Monaten ein neuer Staatschef gewählt werden, bis dahin muss Parlamentspräsident Raimundo Pereira als Übergangspräsident fungieren. Es wurde erwartet, dass er sich bei der Eröffnung des Parlaments am späteren Nachmittag erstmals an die Bevölkerung wenden wird.

Die Streitkräfte machten für das Attentat auf Präsident Joao Bernardo Vieira eine "isolierte Gruppe" von Soldaten verantwortlich. Vermutungen, es könnte sich um einen Racheakt für den tödlichen Anschlag auf Generalstabschef Batiste Tagme Na Waie am Sonntagabend gehandelt haben, wurden von der Militärführung zurückgewiesen. Die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS schickte eine Delegation nach Guinea-Bissau, um bei den Ermittlungen zu helfen.

Vieira stand 23 Jahre lang an der Spitze der ehemaligen portugiesischen Kolonie. Er kam nach einem Putsch 1980 an die Macht. 1999 wurde er aus dem Amt vertrieben und floh ins Exil, von wo er 2005 zurückkehrte, um sich erneut zum Präsidenten wählen zu lassen. (APA/dpa)