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Die Situation bei Opel wird immer verfahrener.

Foto: APA/EPA/Frederico Gambarini

Berlin - Die angestrebte Rettung des deutschen Autoherstellers Opel wird immer mehr zur Hängepartie. Die Klärung der offenen Fragen zum milliardenschweren Rettungskonzept werde noch Wochen dauern, sagte Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am Freitag nach einem Treffen mit Spitzen von Opel und des Mutterkonzerns General Motors (GM) in Berlin. Das Management habe den Klärungsbedarf anerkannt und zugesagt, die noch offenen Punkte zu klären, sagte Guttenberg. GM bemüht sich derzeit um 3,3 Mrd. Euro staatliche Hilfen in Europa.

Einige "hochkomplexe" Fragen bedürften der Abstimmung mit der US-Regierung und dem Mutterkonzern GM in Detroit, betonten beide Seiten. Zu den Auswirkungen einer zunehmend drohenden Insolvenz von General Motors auf Opel wollte sich die Regierung nicht äußern. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) plädierte inzwischen dafür, dass Opel selbst auch das Insolvenzrecht ernsthaft in Betracht ziehen sollte. Schäuble sagte dem "Handelsblatt" (Freitag-Ausgabe): "Unser modernes Insolvenzrecht ist ja gerade nicht auf die Zerstörung, sondern den Erhalt von wirtschaftlichen Werten ausgerichtet." Auch Wirtschaftsminister Guttenberg ließ dies heute durchblicken.

Damit erregte er heftigen Widerspruch des Opel-Betriebsratschefs Klaus Franz. Eine Insolvenz hätte nach seiner Einschätzung verheerende Folgen für das Unternehmen, sagte Franz in einem dpa-Gespräch. "Bei einer Insolvenz würden schlagartig die Kunden wegbleiben und 700 deutsche Zulieferer müssten auf 4 Mrd. Euro Umsatz im Jahr verzichten." Europaweit seien dann 400.000 Menschen von der Arbeitslosigkeit bedroht. Schäubles "zynischer" Vorschlag belege, dass der Minister keine Ahnung vom Automobilgeschäft habe.

Kein Kaputtreden

Unterdessen warnte der nordrhein-westfälischen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) davor, die Rettungspläne kaputtzureden. Der NRW-Standort Bochum habe gute Chancen, meinte Rüttgers: "Bochum ist eines der innovativsten, eines der flexibelsten Werke im Opel-Konzern." Bochum sei notwendig, wenn man einen neuen Opelkonzern in Europa schaffen wolle. Auch CSU-Chef Horst Seehofer sprach sich grundsätzlich für staatliche Hilfen an Autofirmen wie Opel aus. Deutlich nüchterner sind die Bundesbürger: Im am Freitag veröffentlichten ZDF-"Politbarometer" sprachen sich 50 Prozent der Befragten gegen Steuermittel für Opel aus.

"Wir waren uns einig, dass wir jetzt über einen Prozess sprechen, der noch Wochen dauert", sagte Guttenberg nach dem Treffen mit GM-Vize-Chef Frederick (Fritz) Henderson, GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster und Opel-Chef Hans Demant. GM habe verstanden, dass es noch eine ganze Anzahl von offenen Fragen gebe. Dazu gehörten auch "etwaige Verflechtungen" mit der US-Regierung, sagte Guttenberg nach den Gesprächen, an denen auch Kanzleramtschef Thomas de Maiziere (CDU) sowie Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen teilnahmen.

Forster räumte ein, es seien noch viele Fragen zu klären, "damit das Konzept wirklich dann absolut fest und sicher" sei. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, auch GM müsse seinen Beitrag leisten, um zu einer schnellen Klärung zu kommen. Guttenberg will in etwa einer Woche in die USA reisen, um mit der GM-Spitze sowie US-Regierung zu sprechen.

Zu den zu klärenden Punkten gehört die Frage der bei der GM-Tochter GTO liegenden Opel-Patente. Opel-Aufsichtsratsmitglied Armin Schild relativierte in der ARD einen Bericht über Patentverpfändungen an das US-Finanzministerium. "Die Wahrheit ist, dass beide Unternehmen zukünftig Zugriff auf diese Patente haben, und zwar lizenzfreien Zugriff." Die Patentfrage mache ihm keine Sorgen, meinte Rüttgers: "Wenn die amerikanische Regierung darüber verfügt, was mit den Patenten geschieht, weil man sie ihr verpfändet hat, dann kann man auch eine Regelung mit der amerikanischen Regierung herbeiführen."

Nach Angaben von Betriebsratschef Franz hat der angeschlagene Autobauer jederzeit Zugriff auf die Patente, selbst im Fall einer Insolvenz der US-Mutter. Die Opel-Patente seien in dem Rettungskonzept Teil des Milliardenpakets, das GM in das neue Unternehmen einbringen wolle. Es hänge von der Stärke des Eigenkapitals ab, wie schnell die Opel-Patente komplett wieder nach Deutschland zurückgeholt werden könnten. Derzeit überweist Opel für jeden Wagen eine Lizenzgebühr an GTO in der inneramerikanischen Steueroase Delaware.

Das eigentliche Problem sei die desaströse Lage bei der Konzernmutter GM in den USA, meinte Franz. GM selbst hatte seine Überlebensfähigkeit infrage gestellt, nachdem Wirtschaftsprüfer Zweifel am Überleben geäußert hatten. Falls der Konzern seine Verluste nicht in den Griff bekommt, müsste er Gläubigerschutz nach US-Recht (Chapter 11) anmelden. GM wird bereits mit Milliarden der US-Regierung am Leben gehalten. (APA/dpa)