Castrop-Rauxel - In enger Zusammenarbeit mit dem GeoForschungsZentrum Potsdam hat das deutsche Unternehmen sectyelectronics ein kostengünstiges elektronisches Erdbebenvorwarn- und Sicherheitsgerät für den privaten und gewerblichen Markt entwickelt. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesregierung wurden vor drei Wochen vier Systeme in der Region Kaschmir/Pakistan installiert.

Erster Test

"Wie effektiv das System arbeitet, konnten wir bereits knapp nach der Installation feststellen", so Jürgen Przybylak, Geschäftsführer von sectyelectronics. "Am Freitag, den 20. Februar, hat ein Erdbeben der Magnitudenstärke 5,4 die Region erschüttert. Alle installierten Systeme haben vor dem eigentlichen Eintreffen der zerstörerischen S-Welle einen Alarm ausgelöst", so der Unternehmer.

Als Standorte für das Sicherheitssystem wurden vier neu errichtete Gesundheitszentren in der Region ausgewählt. "Um ein Höchstmaß an Funktionssicherheit zu gewährleisten, wurden immer mindestens zwei Erdbebendetektoren eingebaut, die dann in einem Netzwerk miteinander kommunizieren", erklärt Przybylak. "Die Bevölkerung wurde in verschiedenen Dörfern an zentraler Stelle über eine Außensirenenanlage in einem Umkreis von 600 bis 800 Metern vor der herannahenden Katastrophe gewarnt."

Funktionsweise

"Unser Vorwarnsystem basiert auf der Detektion der Primär- und Sekundär-Wellen - den so genannten P- und S-Wellen", so Przybylak. "Das System erfasst zunächst die P-Welle. Über die Auswerteelektronik wird diese dann in Bruchteilen einer Sekunde analysiert und beurteilt. Sollte dieser Schwellwert höher sein als der von den Experten geforderte Wert, schlägt das System Alarm." Die P-Welle eines Erdbebens ist ungefährlich und für den Menschen nicht wahrnehmbar. Problematisch sind jedoch die S-Wellen, die zu Zerstörungen führen.

Die Laufgeschwindigkeit der P-Welle ist etwa doppelt so schnell wie die der S-Welle. "Die P-Welle erreicht den Systemstandort immer zuerst. Je weiter man vom Entstehungsort, dem so genannten Epizentrum, des Erdbebens entfernt ist, desto größer ist die Zeitdifferenz zwischen der P-Welle und der S-Welle", führt der Experte aus. Die Zeitdifferenz zwischen den beiden Wellen ist demnach die maximal verfügbare Vorwarnzeit. Man könne also sagen, dass sich Erdbeben vor sich selbst warnen.

Einige Sekunden Zeit ...

"Die Basis für die Umsetzung der Projekte war der positive Testbescheid des GFZ-Potsdam", so Przybylak. Diese Forschungseinrichtung habe in enger Kooperation maßgeblich zum Erfolg der Systemtechnik beigetragen. Das Erdbebenvorwarnsystem ist mittlerweile in zwölf verschiedenen, erdbebengefährdeten Ländern im Einsatz. "Im Moment bleibt ohne Vorwarnsystem keine Sekunde Zeit, um aktiv zu handeln. Mit dem Warngerät hingegen bleiben zumindest einige Sekunden Zeit, um auf die herannahende Naturkatastrophe zu reagieren und aktive Schutzmaßnahmen einzuleiten und damit die Überlebenschance deutlich zu verbessern", erklärt der Unternehmenschef. (pte)