Zufrieden im Hotel Sacher - mit Sojamilch im Kaffee: Tierschutz-Aktionist Dan Mathews macht Werbung für Vegetarismus

DER STANDARD/Robert Newald

Standard: Herr Mathews, Sie kämpfen gegen Tierleid durch industrialisierte Tierhaltung. Aber gerade von dort kommen die meisten Schnitzel, die die Österreicher so schätzen. Was ist die Alternative - dass alle Vegetarier werden?

Mathews: Ja, klar. Immerhin haben die verbreitetsten Krankheiten der Reichen - Herzkrankheiten, Krebs, Alzheimer - ihre Ursache im Fleischessen. Und die Fleischindustrie ist für 19 Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes verantwortlich, mehr als die Mobilität - Autos, Flugzeuge, Züge - zusammen. Dies und das Tierleid sollte alle Menschen vom Fleischessen abhalten. Außerdem wird ja immer einfacher, ganz ohne tierische Produkte zu leben (rührt in seinem Häferl). Sogar hier im Hotel Sacher gibt es zum Kaffee inzwischen Sojamilch.

Standard: Beim Schnitzel weichen viele Menschen aber auf Biofleisch aus, wenn sie es sich leisten können: ein akzeptabler Kompromiss?

Mathews: Vom Standpunkt der Tiere aus sicher. Je weniger sie leiden müssen, desto besser für sie - obwohl am Ende auch beim Biobauernhof das Umbringen steht. Insgesamt ist Biofleisch aber ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur allgemeinen menschlichen Erkenntnis, dass man ein Tier nur töten sollte, wenn es einen angreift.

Standard: In Österreich und Deutschland wurde Peta vor allem durch die Aktion "Holocaust auf Ihrem Teller" bekannt. Dabei wurden Bilder toter KZ-Insassen aus der NS-Zeit und toter Schweine aus einem Schlachthof gegenübergestellt. Es gab massive Proteste. Halten Sie die Aktion im Rückblick für richtig?

Mathews: Absolut. Die Gegenüberstellung sollte ausdrücken, zu welcher Grausamkeit Menschen fähig sind, zu Menschen ebenso wie zu Tieren. Ich weiß, es ist ein sensibles Thema: Aber man darf den Holocaust nicht rein historisch betrachten, das wäre trivialisierend. In einer offenen Gesellschaft muss man Derartiges durchaus diskutieren dürfen.

Standard: Der Vorwurf lautete, dass Sie ermordete Menschen mit getöteten Tieren auf eine Stufe gestellt hatten. Verstehen Sie das? - Immerhin haben gerade die Nazis Juden als Tiere, ja als Ungeziefer bezeichnet.

Mathews: Darum ging es mir nicht, sondern vielmehr um das Aufzeigen von Grausamkeit. Und ich stehe mit solchen Vergleichen nicht allein da. Der jüdische US-Schriftsteller Isaak Bashevis Singer, der vor Hitler fliehen musste und in Chicago nahe eines Schlachthofes lebte, erkannte in den Gesichtern der dortigen Arbeiter die gleiche Verrohung wie bei NS-Schergen. Er prägte den Satz, dass "jeder ein Nazi wird, wenn es um Tiere geht".

Standard: Wie weit würden Sie als Tierschützer bei der Wahl Ihrer Mittel gehen?

Mathews: Ich sehe mich als Agent Provocateur des Tierschutzes. Also ist meine Richtschnur, alles zu tun, was aufgeregte Debatten über Tierschutz verursacht - aber ohne Gewalt, sondern mit theatralischen Mitteln. Dazu suche ich die Unterstützung vom Prominenten wie der Schauspielerin Pamela Anderson, mit der ich 2003 den Wiener Opernball besucht habe. Im Grunde beschreite ich den gleichen Weg wie eine Werbeagentur, die ein Parfum verkaufen will: Die Leute sollen denken: 'Schau her, als Vegetarierin kann man so gut aussehen wie die Rocksängerin Pink!'

Standard: In Österreich ist das Thema Tierschutz derzeit hochpolitisch. Was sagen Sie zu den Ermittlungen gegen hiesige Tierschützer?

Mathews: Den konkreten Fall kenne ich nicht genau genug. Angesichts des großen Tierleids und der unzureichenden Gesetze wundert es mich aber nicht, wenn Einzelne zu extremen Mitteln greifen - aber Peta lehnt das ab. (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 7./8. März 2009)