Wien - Der Pater war noch in Deutschland tätig, als er zum ersten Mal bemerkte, dass mit einem Gemeindemitglied etwas nicht ganz stimmte. Die Frau bat ihn eines Tages ins Auto: Sie wolle ihm etwas zeigen. Dann fuhr sie los in Richtung Schweiz und erklärte: Der Ort und seine Mitbrüder seien vom Teufel besessen - sie wolle ihn in ein Schweizer Kloster in Sicherheit bringen.

Seit diesem Vorfall versuchte der Priester den Kontakt abzubrechen, doch die Frau ließ nicht locker. Einmal legte sie sich auf die Kühlerhaube seines Autos, hinderte ihn am Wegfahren. Ein andermal kniete sie sich unters Garagentor, drängte den schmächtigen Geistlichen dann in den Hauseingang: "Ich liebe dich und du mich auch, du weißt es nur nicht, wir sind für einander bestimmt", sagte sie. Dann versuchte sie seine Hose zu öffnen: "Nur einmal", flüsterte sie.

Sogar als der Priester eine Wiener Pfarre übernahm, reiste die Frau immer wieder aus der Schweiz, wo sie nun wohnte, an. Einmal riss sie in der Kirche die Monstranz vom Altar und rannte hinaus. "Um die Straße zu segnen", sagt sie am Freitag im Wiener Landesgericht. Wenn sie zur Kommunion kam, sagte sie: "Ich liebe dich" und ergriff den Saum seines Messgewandes - oder sie verfolgte ihn ins Beichtzimmer. Der Pfarrer sagte immer nur, dass sie bereits Hausverbot habe, sie solle gehen.

Sie legte ihm Geschenke aufs Auto. "Religiöse Bücher, Heiligenbilder, CDs, eine wunderschöne Ikone aus Jerusalem", zählt die Frau auf. "Und was ist mit dem Strauß weißer Rosen?", fragt Richterin Lucie Heindl-Koenig nach, "Und das Rasierwasser? Die Socken? Die Kekse? Die Wäsche?" - "Das auch. Warum nicht?", meint die Angeklagte.

Rund 500 E-Mails schickte sie dem Pfarrer und unzählige Briefe - in denen sie auch schrieb, dass der Priester "mit dem Kaplan, der Haushälterin, der Buchhalterin, einer Klosterschwester" und einigen anderen "das Bett teilt". Später rief sie ihn fast täglich an, manchmal bis zu 20-mal pro Tag.

Als gegen die Frau bereits ein Gerichtsverfahren wegen Stalkings lief, erschien sie nicht bei Gericht - sondern wieder und immer wieder in der Kirche. Sie musste schließlich im Gotteshaus verhaftet werden. Aber auch in der U-Haft versuchte sie immer noch, dem Priester Briefe zu schicken.

Gerichtspsychiaterin Sigrun Roßmanith bescheinigte der Angeklagten eine schwere Persönlichkeitsstörung und eine Minderung der Impulskontrolle. Die Frau wurde rechtskräftig zu sieben Monaten Haft verurteilt - davon ein Monat unbedingt. (Roman David-Freihsl/DER STANDARD, Printausgabe, 7./8. März 2009)