London - Winzige Meeresbewohner, die Foraminiferen, haben jetzt einen klaren Beweis dafür geliefert, dass die Versauerung der Meere durch Treibhausgase die Tierwelt verändert: Foraminiferen bilden heute sehr viel dünnere Kalkschalen als früher, stellten Forscher in Australien fest. "Ein möglicher Dominoeffekt hätte bedeutende Auswirkung auf die Nahrungskette im Meer und ist ein besorgniserregendes Signal für das, worauf wir uns in Zukunft einstellen müssen", schrieb Projektleiter Will Howard vom Antarctic Climate & Ecosystems Cooperative Research Centre in Hobart. Seine Studie über das Tierchen Globigerina bulloides wurde im Fachmagazin "Nature Geoscience" veröffentlicht.
Howard, der sich seit Jahren mit der Versauerung des Südlichen Ozeans befasst, hatte zusammen mit Kollegen Foraminiferen mit Artgenossen aus früheren Jahrhunderten verglichen. Er stellte fest, dass die Kalkschalen der Tiere heute 30 bis 35 Prozent leichter sind als vor der industriellen Revolution. Die Vergleichstiere hatte er in alten Ablagerungen auf dem Meeresboden gefunden.
Der Prozess
Bisher nahmen Senken wie Ozeane und Wälder rund die Hälfte des vom Menschen produzierten Kohlendioxids auf. Im Wasser verwandelt sich das Gas in eine schwache Säure. Je mehr Emissionen das Meerwasser absorbiert, desto höher ist daher die Säurekonzentration. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass die Kalkschalen der Foraminiferen mit steigender Versauerung des Meeres dünner geworden sind.
Meeresbiologen haben aufgrund von Experimenten und Computermodellen seit langem davor gewarnt, dass die Versauerung das Leben im Meer verändert. "Es ist klar, dass die Ozeane saurer werden, aber bisher konnte die mögliche Bedeutung für die Chemie des Ozeans und das Leben im Meer nur anhand von Prognosen und Modellen gezeigt werden", sagte Howard. Die Ergebnisse aus dem südlichen Ozean ließen vermuten, dass die Versauerung der Meere sich über alle Weltmeere ausbreitet.
Eine Ursache, viele Auswirkungen
Die Versauerung der Weltmeere hat weitere Folgen: Einige Forscher befürchten, dass sich Muschelschalen auflösen. Kohlendioxid stört zudem den Geruchssinn der Larven von Clownfischen, die dann nur schwer ein geeignetes Riff finden. Schallwellen werden im sauren Meer besser geleitet, so dass es lauter wird. Und viele Korallen des Great-Barrier-Riffs vor Australien wachsen - möglicherweise ebenfalls wegen der Versauerung des Ozeans - derzeit so langsam wie nie zuvor in den vergangenen 400 Jahren.
Die Studie über Foraminiferen wurde von der australischen Klimabehörde finanziert. Daran war neben mehreren australischen Forschungseinrichtungen auch das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven beteiligt. (APA/dpa/red)