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Gemälde von Julius Köckert aus dem Jahr 1864. Die romantisierende Darstellung zeigt den Kalifen beim Empfang einer Delegation von Gesandten Karls des Großen im Jahr 786 n.Chr.

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Bagdad/Wien - Er versuchte ein Weltreich zu bewahren, das vom Atlantik im Westen bis zum Tienschan-Gebirge und zur Indus-Mündung im Osten, vom Taurus-Gebirge und dem Kaspischen Meer im Norden bis zum Südausgang des Roten Meeres im Süden reichte. In diesem März jährt sich der Todestag von Harun al Raschid ("Aaron der Rechtgeleiteten", Anm.), einem der größten Herrschergestalten der arabischen Geschichte, zum 1.200. Mal. Der Fürst, der in der Märchensammlung 1001 Nacht er als Idealbild des weisen und gerechten Kalifen auftritt, starb im Jahr 809 in Tus (heute Mesched) in der persischen Provinz Khorassan.

Die Realität seiner Herrschaftszeit unterschied sich allerdings in vielen Punkten von den Märchenschilderungen. Er war den Überlieferungen zufolge eifersüchtig auf seine Vorrechte bedacht, neigte zu brutalen und oft unüberlegten Handlungen, Widerspruch oder Widersetzlichkeit duldete er nicht. Einerseits brutaler Machtmensch war Harun andererseits auch Liebhaber von Poesie, Musik und Tafelfreuden.

Das von seinem Großvater, dem zweiten Abbasiden-Kalifen Al Mansur (reg. 754 - 775) 762 unter dem Namen "Medinat al-Salam" (Stadt des Friedens) gegründete Bagdad war unter Harun zur Weltstadt aufgestiegen, es war ein Zentrum von Kunst, Poesie, Übersetzertätigkeit und Gelehrsamkeit. Die Stadt zog Menschen aus der ganzen arabischen Welt an. Ihr Ausbau wurde durch meist erpresste Tributzahlungen des Byzantinischen Kaiserreiches und anderer Länder finanziert.

Neben Künstlern, Literaten und Musikern war Harun, der neunmal nach Mekka wallfahrte, auch immer von Religionsgelehrten umgeben. Häresien, darunter die Aliden (Nachkommen Alis, d.h. die Schiiten) bekämpfte Harun, er verdächtigte sie, seinen Sturz betreiben zu wollen.

Beginnender Niedergang

Schon unter Haruns Regierung traten die ersten Anzeichen beginnenden Zerfalls des Arabischen Weltreiches auf. Die übertriebene Zentralisierung der Verwaltung und die extreme Ausdehnung des Reiches machten die Kontrolle entlegener Provinzen schwierig. Langwierige Kriege mit dem Byzantinischen Kaiserreich (ab 791), die Harun zeitweise bis an das Marmarameer und in die Vororte Konstantinopels am asiatischen Ufer des Bosporus brachten, endeten ohne wesentliche Ergebnisse.

Harun al Raschid war während seiner ganzen Regierungszeit auch mit Aufständen in Persien konfrontiert. Große Probleme verursachte die Steuerpolitik. Die oft rücksichtslos eingetriebene Grundsteuer erschwerte das Los der ländlichen Bevölkerung. Er sah sich als bedeutendster Herrscher der Welt, deren Mittelpunkt sein Thron war. Nur einem einzigen anderen Herrscher brachte er Respekt entgegen: Karl dem Großen, mit dem es zum Austausch von Gesandten und auch gegenseitigen Geschenken kam.

Die letzten 13 Jahre seiner Regierung verbrachte Harun in Raqqa am Euphrat unweit der byzantinischen Grenze, nur gelegentlich sah er in Bagdad vorbei. Er starb auf einem Zug in die persische Provinz Khorassan am 3. Dschuma 193 (islamischer Zeitrechnung, 24. März 809 nach dem julianischen Kalender) in Tus, dem heutigen Mesched. Sein dortiges Mausoleum ist verschwunden, während das prächtige Grabmal des achten schiitischen Imam Reza heute Mesched beherrscht. (APA/red)