Wien - Rund 90.000 Österreicher leiden im Laufe ihres Lebens an Schizophrenie - und sind nach wie vor mit Vorurteilen wie "gefährlich, deppert, abnormal" konfrontiert, berichtete eine Betroffene bei der Präsentation des "1. Österreichischen Schizophrenieberichts" am Dienstag in Wien. Vorrangige Probleme auf diesem Gebiet sind laut dem Bericht schlechte Therapietreue von Patienten, eine fehlende Rehabilitation spezialisiert auf Personen mit erstmaliger Erkrankung sowie zu wenig außerstationäre Versorgungsangebote, so die Autoren.

Einmalige Episode ist möglich

Schizophrenie sei eine Erkrankung, die mit Halluzinationen und Wahn einhergehe, erklärte Johannes Wancata, Vizepräsident der Österreichischen Schizophrenie-Gesellschaft. Auch "Gedankenabreißen" und "Symptome Apathie" gehörten dazu. "Oft hat man den Eindruck, es ist eine chronische Erkrankung - das stimmt so aber nicht." Rund ein Drittel der Betroffenen, bei denen einmal Schizophrenie diagnostiziert wurde, seien im langfristigen Verlauf frei von Symptomen.

Behandelt wird die Erkrankung mit Medikamente, Psychotherapie und Soziotherapie - wird die medikamentöse Behandlung eingehalten, gehen laut Wancata die Rückfälle auf 15 bis 20 Prozent zurück - ohne Medikation kommt es in rund 75 Prozent der Fälle zu Rückfällen innerhalb eines Jahres.

Fehlende spezialisierte Rehabilitation

In Österreich wurden in den vergangenen Jahren psychiatrische Betten abgebaut mit dem Ziel, Betroffene überwiegend ambulant zu betreuen: Hatte man 1974 noch 1,37 Betten pro 1.000 Einwohner, waren es 2006 nur noch 0,40 Betten. Deshalb müssten aber mehr außerstationäre Behandlungsangebote eingerichtet werden, so der Vizepräsident. "Was noch fehlt, ist die Koordination", da derartige Angebote von unterschiedlichen Leistungserbringern zur Verfügung gestellt und teilweise aus unterschiedlichen Budgets finanziert würden.

"Was wir in Österreich nicht haben, ist eine spezialisierte Rehabilitation für Patienten, die zum ersten Mal erkranken oder noch relativ früh in ihrer Erkrankung stehen", meinte Präsident Hans Rittmannsberger. Gerade diese Zeit sei aber ausschlaggebend für die Zukunft. "Da würde man wahrscheinlich ein stationäres Angebot brauchen." In bestehenden Rehabilitationskliniken sei der Anteil schizophrener Kranker mit zehn Prozent niedrig und das angebotene Programm für diese oft nicht geeignet.

Mangelnde Therapietreue

Auch müssten Wege für eine bessere Therapietreue der Patienten gefunden werden. "Wenn es gelänge, die Bereitschaft der Patienten zu erhöhen, ist das nicht nur ein Vorteil für den Betroffenen, sondern auch für das Gesundheitswesen, weil man sich Spitalsaufenthalte ersparen würde", meinte Rittmannsberger. Ausschlaggebend dafür sei eine vertrauensvolle Arzt-Patientenbeziehung: Da gebe es hierzulande aber Probleme, weil die Anzahl niedergelassener Psychiater mit Kassenverträgen oder in sozialpsychiatrischen Ambulanzen viel zu niedrig sind. Derzeit kommt auf 80.000 Einwohner ein Facharzt, das Ziel wäre eins zu 30.000. (APA)