Das Projekt ORF-"Mediathek" dürfte vorerst abgeblasen sein. Der Verleger Georg Hoanzl hat dem ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und dem Geschäftsführer der Vermarktungstochter ORF-Enterprise, Walter Zinggl, die einvernehmliche Auflösung des Rahmenvertrags angeboten, teilte er am Dienstag der APA mit. Der ORF habe dieses Angebot angenommen. Hoanzl begründete seinen Schritt mit der seiner Meinung nach "medienpolitisch motivierten" Rufschädigungskampagne der vergangenen Tage.

"Die unwahren Behauptungen zu meinen Absichten und die unsachlichen Angriffe gegen mein Unternehmen zielen darauf ab, leitende ORF Mitarbeiter zu diskreditieren", glaubt Hoanzl. Die Beschädigung des Rufes seines Unternehmens werde dabei als Kollateralschaden in Kauf genommen. "Das ist für die Unternehmensgruppe schlichtweg inakzeptabel." Der ORF nahm diese Entscheidung "bedauernd zur Kenntnis", sagte ORF-Kommunikationschef Pius Strobl auf APA-Anfrage.

Hoanzl kann die Aufregung rund um das Projekt der ORF-Mediathek "nur medienpolitisch interpretieren, nicht aber inhaltlich, ökonomisch und vertragsrechtlich verstehen". Gegen einige in den Medien "zitierte Personen" erhebt der Unternehmer den Vorwurf, sie hätten den Rahmenvertrag weder gekannt "noch haben sie ihn verstanden". Es sei tatsächlich nie um einen "Gesamtverkauf" des hunderttausende Titel umfassenden ORF-Archivs gegangen, verteidigte Hoanzl das Vorhaben. Geplant gewesen wäre lediglich die Herausgabe einer ORF-gebrandeten DVD-Edition von vorerst 80 Titeln mit einer Option auf weitere 320 Titel in den nächsten drei Jahren. Dem ORF hätte diese DVD-Edition mit ORF-Brand neben den ökonomischen Erträgen einen wichtigen Imagegewinn gebracht, glaubt Hoanzl.

Für den ORF bedeutet die Vertragsauflösung nun vorerst, "dass die eine oder andere Produktion, die auf DVD erschienen wäre, möglicherweise nicht digitalisiert und veröffentlicht wird", so Strobl. Auf die Frage, ob der ORF die DVD-Produktion und Vermarktung von Archivmaterial nun selbst übernehmen werde, sagte er: "Ich schließe aus, dass wir unser Kerngeschäft verändern." (APA)