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Schmelzende Eisberge und steigende Meere: Die Klimaforscher befürchten für die kommenden Jahrzehnte drastische Auswirkung.

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Nicholas Stern warnte in Kopenhagen vor Millionen Klimaflüchtlingen.

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Kopenhagen - Aktuelle Studien weisen laut Klimaforscher darauf hin, dass der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um einen Meter oder mehr ansteigen wird. Mit dieser alarmierenden Ankündigung hatte am Dienstag ein dreitägiger Forscherkongress zur Vorbereitung der großen UN- Klimakonferenz Ende des Jahres in Kopenhagen begonnen.

In der Schlusserklärung des dreitägigen Treffens hieß es: "Neue Erkenntnisse zeigen, dass alle Gesellschaften schon von geringen Klimaveränderungen empfindlich getroffen werden." Besonders hohe Risiken hätten arme Länder zu tragen. Temperaturanhebungen von mehr als zwei Grad seien für Gesellschaften unserer Zeit "nur sehr schwer zu verkraften".

Aus den Ergebnissen des Treffens mit 2.000 Wissenschaftern soll bis Juni ein 30-Seiten-Papier über den aktuellen Stand der Klimaforschung erstellt werden. Die UN-Klimakonferenz wird von 7. bis 18. Dezember in Kopenhagen stattfinden. Dabei soll als Nachfolger des Kyoto-Protokolles ein weltweites neues Abkommen zur Verringerung der Treibhausgase beschlossen werden, die als wesentliche Ursache der Klimaerwärmung gelten.

Bereitschaft

Zum Abschluss des Fachtreffens wurde am Donnerstag neben den wesentlich härteren Auswirkungen der Erderwärmung aber auch die Handlungsbereitschaft festgehalten. "Es finden sich einfach keine Entwarnungslampen mehr. Die Botschaft der Wissenschaft ist so eindeutig, dass es für die Politik keine Ausrede mehr gibt", so der Potsdamer Physiker Hans Joachim Schellnhuber. Er sehe trotz der Wirtschaftskrise eine breit gewachsene Bereitschaft in der Politik zum Handeln: "Der ganze Skeptikerkram ist weg."

Neue Beobachtungen

Als wichtigsten Grund für die drastische Anhebung bisheriger Schätzungen nannte der australische Klimaexperte John Church das Vorliegen neuer umfassender Satelliten- und Bodenbeobachtungen. Sollte der Meeresspiegel sich in den kommenden 90 Jahren tatsächlich um einen Meter heben, würde dies die Wohngebiete von zehn Prozent der Erdbevölkerung "hart treffen", hieß es in Kopenhagen.

Church meinte, bei einem Eintreffen dieses Szenarios wären bisher als "Jahrhundertflut" eingestufte Überschwemmungskatastrophen mehrmals pro Jahr zu befürchten. Er sagte weiter: "Wenn wir nicht umgehend und massiv Schritte zur Begrenzung der Probleme ergreifen, könnte das Klima im 21. Jahrhundert eine Grenze überschreiten, nach der die Welt auch Erhöhungen des Meeresspiegels um mehrere Meter ausgesetzt werden kann."

Klimaflüchtlinge

Der britische Ökonom Lord Nicholas Stern erklärte, sein 2006 mit düsteren Prognosen weltweit beachteter Klimawandel-Report habe sich durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse noch als "zu optimistisch" erwiesen. Man müsse jetzt der Welt "nicht nur die Folgen von zwei Grad Erwärmung erklären, sondern laut und deutlich sagen, was fünf Grad bedeuten". Zu den Folgen würden unter anderem mehr als eine Milliarde Klimaflüchtlinge gehören. Dennoch sei er mit Blick auf die Kopenhagener UN-Klimakonferenz im Dezember optimistischer als vor zwei Jahren: "Die Wissenschafter arbeiten gut, nachhaltige Technologien entwickeln sich rasant, und wir bekommen immer mehr Selbstverpflichtungen von Staaten."

Der britische Klimaforscher Terry Barker von der Universität Cambridge meinte, die derzeitige Krise sei keine Gefahr für die Klimapolitik, sondern ein "Anschub genau zum richtigen Zeitpunkt". Nationale Investitionsprogramme mit "grünem Profil" wie durch US-Präsident Barack Obama müsse es in allen Ländern geben. Erforderlich sei eine globale Koordinierung solcher Programme. Auch Stern hob positiv hervor, dass die Krise durch staatliche Förderprogramme "gigantische Investitionsmöglichkeiten für eine grüne Infrastruktur" eröffne. (APA/dpa)