Die winzigen Terrorgruppen, die am vergangenen Samstag zwei britische Soldaten vor ihrer nordirischen Kaserne erschossen und am Montagabend einen nordirischen Polizisten im Einsatz töteten, haben eine Falle aufgestellt. Sie wollen die Staatsmacht in Nordirland dazu provozieren, sich wieder bis an die Zähne zu bewaffnen. Die verängstigten Bürger sollen den Eindruck erhalten, einer fremden Besatzungsarmee gegenüberzustehen. Unter derartigen Umständen, so hoffen sie, würde sich bestimmt ein Funke finden, der die ohnehin latent vorhandenen Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten erneut auflodern ließe.

Allein, die gegenwärtige Politikergeneration in Nordirland kennt diese Mechanismen aus eigener, leidvoller Erfahrung, ja, sie hat sich diese Eskalationsprozesse oftmals selbst zunutze gemacht. Also durchschaut sie das zynische Kalkül der Attentäter und beharrt auf dem Schulterschluss. Denn wenn die einstige IRA das militaristische Symptom einer tief sitzenden politischen Malaise war, dann sind die Splittergruppen und deren mikroskopische Schattenbilder reine Terrorbanden ohne jeden politischen Rückhalt.

Nordirland im Jahre 2009 lässt sich nicht mit Nordirland 1968 vergleichen; es gibt heute keinen Missstand, dessen Behebung einen Tropfen Blut wert wäre. Und, noch wichtiger vielleicht: Es gibt keine politische Konzession, mit der die Mörder von Antrim und Craigavon besänftigt werden könnten. Da bleiben nur behutsame Polizeifahndung und eine saubere Justiz, wie für andere Kriminelle auch. (Martin Alioth/DER STANDARD, Printausgabe, 11.3.2009)