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Zur Person
Mauricio Funes (49) studierte Geisteswissenschaften und war Journalist und Kommentator im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und bei CNN en Español. Seine Sendung "La Entrevista" (Das Interview) war das meistgesehene Morgenprogramm. Funes ist in dritter Ehe mit Vanda Pignato verheiratet.

Foto: AP/Abd

Und ein Versöhnungsgesetz soll die Wahrheit über den Bürgerkrieg aufzeigen, sagte er zu Sandra Weiss.

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STANDARD: Mittelamerika hat mit den USA das Freihandelsabkommen Cafta abgeschlossen. Nicaragua und Honduras sind nun Alba beigetreten, dem Bündnis des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, der mit billigem Erdöl lockt. Wie wollen Sie verfahren?

Funes: Ich denke nicht, dass man hier vor der Alternative entweder/ oder steht. Natürlich bin ich an Austausch mit Venezuela interessiert, aber ich werde keinen Vertrag unterschreiben, der die Beziehung zu den USA gefährdet. Ich bin nicht an einer Konfrontation mit den USA interessiert, sondern an einer konstruktiven Beziehung, in der wir gemeinsam Lösungen für die grenzüberschreitenden Probleme wie Migration, Armut und Drogenhandel finden. Am besten wäre es ohnehin, Mittelamerika würde geeint mit anderen Ländern verhandeln, um so eine stärkere Ausgangsposition zu haben.

STANDARD: Während des Bürgerkriegs kamen 75.000 Menschen ums Leben, darunter Erzbischof Oscar Romero. Wird eine Linksregierung die Verbrecher vor Gericht stellen?

Funes: Dafür ist El Salvador noch nicht reif. 17 Jahre nach dem Friedensvertrag ist diese Gesellschaft noch immer nicht versöhnt. Die Institutionen sind noch schwach, und dies wäre ein Eingriff der Exekutive in die Kompetenz der Justiz. Natürlich haben die Betroffenen das Recht, individuell Prozesse anzustrengen, und ich würde selbstverständlich den Rechtsstaat respektieren. Ich denke aber, aus Sicht der Exekutive ist ein Nationales Versöhnungsgesetz der bessere Weg. Denn zunächst einmal müssen wir dafür sorgen, dass die Angehörigen und die ganze Gesellschaft die Wahrheit kennen. Und dann muss der Staat seine Verantwortung für die Verbrechen einräumen, sich entschuldigen und die Opfer entschädigen.

STANDARD: Woher soll in Krisenzeiten das Geld für die von Ihnen versprochenen Sozialprogramme für die Armen kommen?

Funes: Wir wollen internationale Kredite aufnehmen und Schulden umstrukturieren. Außerdem wollen wir Steuerhinterziehung bekämpfen. Allein dadurch würden nach Schätzungen 400 bis 500 Millionen Dollar zusätzlich in die Kassen kommen. Und dann wollen wir die sehr niedrige Steuerquote von derzeit 13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes jedes Jahr um einen Punkt erhöhen. Mit dem Geld wollen wir vor allem die Produktionsstruktur ausbauen, damit Arbeitsplätze entstehen. Im Mittelpunkt stehen mittelständische Betriebe, die Landwirtschaft und die Bauwirtschaft. (DER STANDARD, Printausgabe, 11.3.2009)