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Max Friedrich, Vorstand der Univ. Klinik für Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters und Ehrenmitglied der Elternwerkstatt und Maria Neuberger-Schmidt, Obfrau des Vereins Elternwerkstatt beim Jubiläum des ABC-Elternführerscheins.

Foto: APA/Preiss

Wien - "Die Kalender von Kindern sehen heute aus wie Management Diaries", sieht Kinder- und Jugendpsychiater Max Friedrich die Heranwachsenden einem enormen gesellschaftlichen Druck ausgesetzt. Phänomene wie Komasaufen resultierten aus dem Wunsch, sich in eine "bewusstseinsveränderte Welt zu bringen". Auch als Präventivmaßnahme gegen Jugendkriminalität, Schulangst und jugendliche Alkoholexzesse will die Sozialberaterin und Autorin Maria Neuberger-Schmidt den ABC-Elternführerschein verstanden wissen, dessen Jubiläum am Mittwoch unter anderem mit Friedrich als Podiumsgast gefeiert wurde.

Neuberger-Schmidt ortet einen Verlust elterlicher Autorität, dem sie mit ihrem Seminarkonzept des Elternführerscheins entgegenwirken will. Nach der Devise "gewaltfrei, aber nicht machtlos", soll Eltern in 18 Stunden beigebracht werden, wie sie Kindern eine "positive Autorität" und ein ausgewogenen Verhältnis von Freiheit, Mitsprache und Gehorsam vorleben können. 150 AbsolventInnen gab es seit der Einführung des seit 2003 rechtlich geschützten ABC-Elternführerscheins durch den Verein Elternwerkstatt, Kostenpunkt 160 Euro pro Teilnehmer. Um das Angebot kostengünstiger und damit niederschwelliger zu machen, wünscht sich Neuberger-Schmidt Unterstützung durch die Politik.

"Muss auf Freiwilligkeit beruhen"

Gegen die verpflichtende Einführung eines Elternführerscheins plädierte Friedrich. "So etwas muss auf Freiwilligkeit beruhen." Auch müsse den gesellschaftlichen Bedingungen wie den vielen Alleinerzieherinnen Rechnung getragen werden. Im Sinne einer breiteren sozialen Wirksamkeit wünscht sich der Kinder- und Jugendpsychiater "endlich ein umfassendes Ganztagesschulkonzept, in das auch Sonder- und Heilpädagoginnen eingebunden werden".

Dass Phänomene wie das Komasaufen tatsächlich zugenommen haben, steht für Friedrich fest: "Wir bemerken das an der Klinik." Alkohol sei billig und leicht zu bekommen und biete den Jugendlichen damit einen großen Anreiz, um aus ihren Frustrationen zu fliehen. Außerdem komme das Phänomen der "Peer-Group-Erziehung" zum Tragen: "Immer jüngere Kinder fordern den Status von Jugendlichen, es enstehen neue Sozialverhaltensrichtlinien." Komasaufen werde zum Wettbewerb in der Gruppe.

Auch Friedrich will "die Eltern wieder mehr in die Pflicht nehmen". Das Wesentliche sei der Dialog mit den Kindern, wenn er abgebrochen werde, sollten die Alarmglocken klingeln. Ein Mittel es gar nicht so weit kommen zu lassen, sieht Neuberger-Schmidt im ABC-Elternführerschein. (glicka, derStandard.at, 11. März 2009)