Flascherln gab's beim Äquator, zu Weihnachten und zum 47. Geburtstag am 27. Jänner in den Weiten des Pazifiks.

Foto: Sedlacek

Seit mehr als drei Monaten ist Norbert Sedlacek auf den Weltmeeren unterwegs. Im Pazifik hat er sogar einen Menschen getroffen.

Foto: Jean Marie Liot / DPPI Nautic Kapsch

Altantik/Wien - "Entspannt? Überhaupt nicht. Jetzt male ich mir dauernd aus, was noch alles passieren kann. Ich habe raumen Wind mit fünf bis sechs Beaufort, auch die Wellen kommen von hinten. Ideal." Norbert Sedlacek (47) befand sich mit seinem 60-Fuß-Boot namens Nauticsport-Kapsch gestern, Mittwoch, 800 Seemeilen von Les Sables d'Olonne entfernt, jenem Hafen an der französischen Atlantikküste, aus dem dreißig Unerschrockene am 9. November '08 in See gestochen waren, um im Rahmen der Einhandregatta Vendée Globe die Welt zu umsegeln. Der Sieger sitzt längst auf dem Trockenen. Der Franzose Michel Desjoyeaux, der das Rennen bereits 2001 gewonnen hatte, kam am 1. Februar heim, führte die rund 25.000 Seemeilen in der neuen Rekordzeit von 84 Tagen, drei Stunden, neun Minuten und acht Sekunden einer Erledigung zu.

Von Frankreich ging's in den Atlantik Richtung Süden, um das Kap der guten Hoffnung herum und dann mehr oder weniger geradeaus nach Osten, Australien und Neuseeland nördlich liegen lassend, ums Kap Hoorn herum wieder in den Atlantik hinein und nach Norden. Hilfe von außen und jeglicher Landgang ist bis Les Sables d'Olonne untersagt, Zuwiderhandelnde werden disqualifiziert.

Die Einsamkeit des Seglers ist eine andere geworden, man konnte mit Sedlacek dank seines Iridiumtelefons praktisch überall auf den Weltmeeren plaudern. Wann er zum letzten Mal einen Menschen gesehen hat? "Im Jänner hab ich im Pazifik Raphael getroffen. Das waren schöne Tage." Sedlacek kam dem Franzosen Raphael Dinelli und seiner Yacht bei ruhiger See bis auf 20 Meter nahe, man hatte tagelang Funkkontakt, ehe Dinelli sich absetzte.

Nur Sedlacek und Dinelli sind noch im Rennen. Der Franzose hat noch rund 400 Meilen zu segeln, schafft er die, wird er Zehnter. Sedlacek würde Elfter werden und der erste Deutschsprachige sein, der bei der Vendée Globe ins Ziel kommt; so wie es ausschaut, wird das am Samstag oder am Sonntag der Fall sein. Bei seinem ersten Versuch 2004 scheiterte er nach 3700 Meilen an einer gebrochenen Kielaufhängung. Diesmal scheiterten 19 Konkurrenten aus diversen Gründen. Ein Beispiel, was quasi im Endspurt noch alles passieren kann, lieferte der Franzose Roland Jourdain. An zweiter Stelle liegend, kollidierte er auf Höhe der Azoren, die Welt war fast schon umrundet, mit einem Wal. Der Kiel wurde so schwer beschädigt, dass er aufgeben musste.

Sedlacek erlebte auch seine schweren Momente. "Ein paar Mal hab' ich gedacht, alles ist vorbei." Nicht das Leben, dazu vertraut der Routinier zu sehr der Unsinkbarkeit seines Bootes, "sondern das aktuelle Lebensziel, auf das ich viele Jahre lang hingearbeitet habe" . Bei schwerem Wetter im Pazifik brach die Mastschiene mehrfach, das Großsegel ließ sich nicht reffen. "Ich musste extrem riskante Manöver fahren. Umso schöner, wenn du doch noch eine Lösung findest." In einem Sturm mit Orkanböen im Atlantik in der Gegend der Falkland-Inseln legte es seine Yacht, Baujahr 1995, immer wieder bedrohlich auf die Seite.

Viel Proviant, viel Schimmel

An Bord sei soweit alles okay, wenngleich sich der Schimmel nun immer schneller ausbreite. Proviant sei noch reichlich vorhanden. Bis auf wunde Hände und entzündete Augen verlief die Reise, was die Gesundheit betrifft, problemlos. Da er Eisen- und Zink-Tabletten vergaß, seien die Fingernägel weich. Die Beinmuskulatur sei verkümmert. Dafür seien die Haare, die er sich zum ersten Mal im Leben mehr als drei Monate lang nicht wusch, "überraschend schön" . Er freut sich auf eine ausgiebige Dusche und frisches Gewand. Und wenn er wieder mitmacht beim Vendée Globe, dann will er es mit einer Yacht tun, mit der er um den Sieg mitfahren kann. Dazu müsste er freilich ein Vielfaches des aktuellen Budgets aufstellen. Diese Weltumsegelung schlägt mit 750.000 Euro zu Buche. (Benno Zelsacher - DER STANDARD PRINTAUSGABE 12.3. 2009)