Brachial nach Giacometti: sehr fleischlicher "Cardinal" von Yerbossyn Meldibekow in der Knoll Galerie. 

Foto: Knoll Galerie

Zu sehen sind aus fauligem Fleisch gehauene Skulpturen, ein brennender Sessel oder zerbeulte Kochtöpfe aus russischer Produktion.

Skulpturen von Giacometti standen Pate für die Arbeit "Cardinal" von Yerbossyn Meldibekow: Anstelle der glatten Bronze hat der Künstler jedoch das blutige Innere eines abgezogenen Felles verwendet und dieses dann nach den Skulpturen des europäischen Modernisten geformt. Die Moderne ist neben der westlichen Kunstszene oder der russischen Avantgarde Hauptangriffsziel der beiden Künstler: Nurbossyn Oris, der jüngere der zwei Brüder, hat gleich zur Eröffnung einen Stuhl in Flammen gesetzt: Er zitiert mit der Arbeit "Deutsche Hoffnung" den Künstler Günther Uecker und dessen Nachkriegs-Ruf nach der Freiheit der Kunst und Denkens, der in Zentralasien seine Wirkung schon wieder verloren hat.

Wie "Taliban-Kämpfer" - heißt es im Pressetext - "vernichten" die beiden Künstler die avantgardistische Kunst, indem sie unter anderem auch aus den mit Hoffnung gefüllten suprematistischen Tellern und Tassen der russischen Avantgardisten ihre eigenen anti-utopistischen Landschaften schaffen. Dass hier Zorn auf die herrschenden globalen Zustände in konzeptuell-durchdachter Manier ausgelebt wird, zeichnet ihre Arbeiten aus; in der Galerie Knoll kommen die fein säuberlich platzierten Objekte aber - trotz ihrer Geschichten - insgesamt leider ein wenig kraftlos daher. (cb / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.3.2009)