Rom - Eine umstrittene Initiative zur Förderung des Wohnbaus in der Wirtschaftskrise, die die italienische Regierung am Freitag verabschieden will, hat den heftigen Protest von Oppositionsparteien und Umweltaktivisten ausgelöst. 550 Millionen Euro will die Regierung zur Belebung des Baugewerbes locker machen. Gemäß diesem Plan sollen die Regionen die Kompetenz erhalten, in Abweichung der bisherigen Baugesetze und Raumplanungsvorschriften Hauseigentümern einen bis zu 20-prozentigen Ausbau ihrer Immobilien zu erlauben. Mittels steuerlicher Anreize durch die Kommunen sollen Hauseigentümer bauliche Renovierungs- bzw. Erweiterungsmaßnahmen durchführen können. Für die avisierten Baumaßnahmen bedarf es demnach dann keiner Baugenehmigung.

Bauabgaben sollen sinken

Gebäude, die vor 1989 errichtet wurden und keinen Schutzauflagen unterliegen, können abgerissen und um 30 Prozent größer wieder erbaut werden - bei energiesparender Bauweise um 35 Prozent. Villen sollen um zwei oder drei Räume erweiterbar sein. Die Bauabgaben sollen sinken: um 20 Prozent für alle und um 60 Prozent im Falle einer Erstwohnung.

Gegen diese Pläne stemmen sich die Oppositionsparteien, die mit einer Rückkehr des Spekulantentums wie in den 60er Jahren rechnen. Die stärkste Oppositionspartei im Land, die Demokratische Partei (PD) warnte vor einem "wilden Zubetonieren Italiens". Die Partei betonte, dass der Häuser-Plan nur den Baufirmen diene, aber nicht das Problem der Kredit- und Mietfinanzierungsschwierigkeiten vieler Familien löse. Die Linke warnte vor einer Wiederbelebung illegaler Bautätigkeit. Allein in der ersten Regierungszeit unter Silvio Berlusconi seien 1994 83.000 illegale Bauten errichtet worden.

"Wildes Zubetonieren"

Gegen Berlusconis Pläne hat sich auch eine Gruppe namhafter Stadtplaner und Architekten mobil gemacht. Maßnahmen, mit denen die Regierung das Baugewerbe beleben will, seien eine Gefahr für das Land. Die renommierten Architekten Gae Aulenti, Massimiliano Fuksas und Vittorio Gregotti sowie die Stadtplaner Pierluigi Cervellati, Vezio De Lucia, Italo Insolera und Edoardo Salzano unterzeichneten einen Appell gegen die Initiative der Regierung. Sie riefen die Italiener auf, gegen den Wohnbauplan mobil zu machen.

"Die Regierung will das System der Baulizenzen vereinfachen. Die Gefahr ist ein wildes Zubetonieren unseres Landes. Territorium, Städte und Architektur müssen von Gesetzen der Gemeinschaft verteidigt werden", hieß es im Appell, der bereits von 35.000 Italienern unterzeichnet wurde.

Infrastrukturplan

Erst vergangene Woche hatte die Regierung Berlusconi einen großen Infrastrukturplan verabschiedet, um die Wirtschaft anzukurbeln. Mit Investitionen in Höhe von 17,8 Mrd. Euro will Berlusconi Italien modernisieren und der nationalen Wirtschaft in dieser schwierigen Rezessionsphase neuen Schwung verleihen.

Zu den prioritären Projekten des Plans zählt die sehr umstrittene Brücke über die Meeresenge zwischen Sizilien und dem italienischen Festland. Für die "Monsterbrücke" von Messina, die insgesamt 6,1 Mrd. Euro kosten wird, stellt die Regierung vorerst 1,3 Mrd. Euro zur Verfügung. Auch Privatinvestoren sollen sich am Projekt beteiligen, hieß es in Regierungskreisen. (APA)