Die polnischen Regierungsparteien haben sich am Donnerstag mit der Oppositionspartei Bündnis der demokratischen Linken (SLD) auf ein neues Mediengesetz geeinigt. Damit gibt es im Parlament eine Mehrheit für das Projekt, die es erlaubt, ein mögliches Veto von Präsident Lech Kaczynski zu überstimmen. Das Gesetz wird zur Neubesetzung der Schlüsselpositionen beim öffentlichen polnischen Fernsehen TVP und Radio (PR) führen.
"Wir wollen die Mission der öffentlichen Medien wieder in Kraft setzen", sagte Zbigniew Chlebowski, Fraktionsvorsitzender der rechtsliberalen polnischen Regierungspartei Bürgerplattform (PO), bei einer Pressekonferenz. Zentrale Neuerungen des Gesetzes sind die Abschaffung der Rundfunkgebühr und sogenannte Programm-Lizenzen beim Fernsehen. Dabei geht es um öffentliche Aufträge für bestimmte Programme, um die sich auch Privatsender bemühen können. Sie sollen zehn Prozent des TV-Budgets ausmachen.
Fonds für öffentliche Medien
Die öffentlichen Medien sollen künftig über einen Fonds finanziert werden, der offenbar aus dem Haushalt gespeist wird. Außerdem soll ein 15-köpfiger Programmrat kontrollieren, ob die öffentlichen Medien ihren Auftrag erfüllen. Nach Darstellung der Regierungsparteien solle so die Abhängigkeit der Medien von Parteien verringert werden, die vor allem dem Fernsehen seit Jahren vorgeworfen wird.
Die rechtskonservative polnische Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) kritisiert an dem Projekt - neben der Abschaffung der Rundfunkgebühr - vor allem den Plan, die TVP-Regionalstudios in eigene Gesellschaften umzuwandeln. Denn dadurch würden rund 1.500 TVP-Mitarbeiter in den Regionen zunächst ihre Arbeit verlieren, wie die Zeitung "Rzeczpospolita" erklärt. Diese müssten sich dann um eine Neueinstellung in den neuen Gesellschaften bemühen.
Die Opposition befürchtet dabei eine "Säuberung". "Alle Journalisten werden überprüft und nur diejenigen weiterbeschäftigt, der der PO und der SLD genehm sind", erklärte der parteilose Parlamentsabgeordnete Jaroslaw Sellin. Sein Kollege aus der PiS Jan Dziedziczak sagte gegenüber der "Rzeczpospolita", seine Partei werde gegen diese Regelung protestieren.
Noch am Mittwoch hatte die PiS den Regierungsparteien angeboten, einen runden Tisch zum Thema "öffentliche Medien" zu veranstalten und gemeinsam an einem neuen Gesetz zu arbeiten. Allerdings hatte die PO auf die Abschaffung der Rundfunkgebühren bestanden.
Die amtierenden Aufsichtsräte und Vorstände der öffentlichen Medien stammen noch aus der vergangenen Legislaturperiode, als die PiS mit der national-katholischen Partei "Liga polnischer Familien" (LPR) und der radikalen Bauernpartei "Selbstverteidigung" (Samoobrona) eine Koalition bildete. Im vergangenen Dezember wählte der Aufsichtsrat des Fernsehens TVP den mit der LPR verbundenen Piotr Farfal zum neuen TVP-Vorsitzenden. Die Entscheidung beschleunigte die Einigung zwischen der Regierung und der SLD.
Der Gesetzentwurf soll nun mit Journalisten- und Künstlerverbänden besprochen werden und im April im Parlament zur Abstimmung kommen. (APA)