Standard: Experten diskutieren, wann die US-Rezession enden wird. Wann sehen Sie den Aufschwung?
Forbes: Zuerst wird der Aufschwung an den Märkten kommen, denn die sind immer ein Blick in die Zukunft. Die Konjunktur wird dann fünf bis sechs Monate später anziehen.
Standard: Was ist dafür nötig?
Forbes: Ein nachhaltiger Marktaufschwung wird dann kommen, wenn wir beginnen, dummes Regelwerk zu verändern, wie etwa die derzeitige "mark-to-market" -Regel. (Bewertung zum aktuellen Kurs, Anm.)
Standard: Sie haben sich zuletzt häufiger für eine Änderung dieser Regel starkgemacht. Was stört Sie daran?
Forbes: Wir sagen Banken, dass sie Vermögenswerte herabstufen müssen, als müssten sie diese morgen in einer Notaktion verkaufen. Obwohl Banken mehr Geld haben als je zuvor, doppelt so viel wie im September, sagen die Regeln, dass ihr Buchwert niedriger ist. Das macht es schwierig für Banken. Das letzte Mal, als wir solche Regeln hatten - bevor die Bush-Regierung sie zurückbrachte, - war in den 1930er-Jahren. Wir wissen, wozu das führte. Vor 20 Jahren hatten wir in den USA auch eine Bankenkrise. Wenn wir damals diese Regeln gehabt hätten, hätten wir die meisten wichtigen Banken im Lande zerstört, so wie jetzt. Diese Regel hat also eine schwierige Situation in ein Desaster verwandelt.
Standard: Sollte es hier zu einer Änderung kommen, wann erwarten Sie einen Konjunkturaufschwung?
Forbes: Wenn die Änderung kommt, dann könnte die Erholung später im heurigen Jahr beginnen und sich 2010 fortsetzen. Die Frage ist nur, wie deutlich der Aufschwung sein wird. Wir müssen in den USA vor allem sicherstellen, dass die neue Regierung nicht zu viele neue Steuern anhäuft.
Standard: Welche Steuern machen Ihnen die meisten Sorgen?
Forbes: Ich liebe die Flat Tax, die Einheitssteuer. Eine gute Version davon würde der US-Wirtschaft enorm helfen - und der Wirtschaft vieler anderer Länder auch, weil die USA wieder kräftig wachsen würden. Ich mache mir Sorgen um massive neue Energiesteuern, die die Regierung will, und höhere Vermögenssteuern. Höhere Steuern für kleinere und mittelständische Betriebe sind töricht, vor allem wenn man aus einer Phase des wirtschaftlichen Abschwungs kommt.
Standard: Sie haben sich in einem Kommentar im "Wall Street Journal" kürzlich auch für neue Regeln bei Leerverkäufen ("short selling" ) ausgesprochen. Was sollte hier geändert werden?
Forbes: Leerverkäufe gehören dazu, aber wir haben sie so einfach gemacht, dass manche Investoren Aktien in Grund und Boden getrieben haben. Es gab früher eine Regel, laut der ein Leerverkauf nur möglich war, wenn der Wert der Aktie zuvor gestiegen war. Das war die sogenannte "uptick rule" . Die Bush-Regierung setzte sie vor 18 Monaten aus, und die Volatilität stieg explosiv an. Eine zweite Regel, die die Bush-Regierung ignorierte, ist eine gegen ungedeckte Leerverkäufe. Laut dieser Regel musste man sich eine Aktie zum Leerverkauf ausborgen, um sie später billiger zurückkaufen zu können. Heutzutage verkaufen Leerverkäufer Aktien, auch wenn sie diese gar nicht ausgeborgt haben. Es kostet kein Geld, diese Regeln wieder zu ändern, aber sie würden weiteren Kummer und Wertzerstörung verhindern.
Standard: Wenn sogar der Republikaner Steve Forbes die letzte republikanische Regierung kritisiert, heißt das, die Obama-Regierung könnte sich als wirtschaftsfreundlicher herausstellen?
Forbes: Die Obama-Regierung würde viel dazu tun, die Krise einzudämmen, wenn sie das Regelwerk ändern würde. Aber sie muss auch lernen, dass sie nicht Krieg gegen Unternehmer und Investoren führen muss.(Georg Szalai, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.3.2009)